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d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 73 Österreich abgeschlossenen und mehrfach verlängerten Zollvertrag27, der seinerseits einen Rechtstransfer zwischen den beiden Ländern bewirkte, nämlich die Rezeption der einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften.Auch in diesem Bereich erfolgte also eine automatische Rezeption österreichischen Rechts.28 Die vielfältigen Nahebeziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten Liechtenstein und Österreich hatten zur Folge, daß Liechtenstein in den Augen der anderen Staaten nicht als selbständiger Staat wahrgenommen wurde, sondern eher wie eine österreichische Provinz erschien. Die Situation änderte sich infolge der politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Ersten Weltkriegs gravierend. Der Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie bedrohte die staatliche und wirtschaftliche Existenz des kleinen Fürstentums derart massiv, daß es als Gebot der Selbsterhaltung erschien, dieVerbindungen mit dem Nachfolgestaat Österreich zu lösen. 1919 wurde daher die mehr als ein halbes Jahrhundert bestehende Zollgemeinschaft beendet. Da man in Liechtenstein rasch einsah, daß die Anforderungen einer völlig selbständigen Existenz mit allen Konsequenzen für Staat und Wirtschaft die Möglichkeiten eines Kleinstaates übersteigen würden, wandte sich Liechtenstein seinem westlichen Nachbarland, der Schweiz, zu. Der nach langwierigenVerhandlungen1923 mit der Schweiz abgeschlossene Zollvertrag29 hatte die Rezeption des einschlägigen schweizerischen Rechts zur Folge. Daran knüpfte sich das Bestreben, auch in anderen Rechtsbereichen dieVerbindung mit der österreichischen Rechtsordnung zu lösen, um sich nun an jener der Schweiz zu orientieren.30 Der damit geplanteTransfer schweizerischen Rechts in die Privatrechtsordnung Liechtensteins sollte allerdings anders ablaufen als wir es bisher kennengelernt haben.An die Stelle einer kritik27 Österr. RGBl. 146/1852. 28 Berger, 190 Jahre (wie Anm. 19), 31f. 29 Liechtenstein. LGBl. 24/1923. 30 Berger, 190 Jahre (wie Anm. 19), 32f.

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