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zitierten Schrift über das ABGB würde es heute niemand mehr als “vollständiges … Gesetzbuch” bewerten, wohl auch von keiner “reinen, bestimmten Sprache” sprechen und schon gar nicht die Frage erwägen, ob durch das Gesetzbuch – allenfalls auch durch die Nebengesetze – der Advokatenstand gefährdet, weil er zufolge der Lektüre des ABGB entbehrlich sei. Zivilrechtsgesetze außerhalb des ABGB gelten als “ergänzende Gesetze”,“Nachtragsgesetze”,“Nebengesetze”,“Sondergesetze”, “Spezialgesetze”,97 womit das ABGB sozusagen zum zivilrechtlichen Stammgesetz erhoben ist. In einer Textausgabe von192698 des Bürgerlichen Rechts schlechthin, nicht mehr bloß des ABGB, sind beispielsweise die weit über 100 Nebenbestimmungen den entsprechenden ABGB-Teilen, ja sogar einzelnen Paragraphen wie z.B.“Zu § 365” (Enteignung) zugeordnet, öffentlichrechtlicheWährungsbestimmungen sogar dem Kundmachungspatent. Dieser Bezugspunkt unterscheidet die kodifikationslose Periode vor demTeil-ABGB1786 bzw. noch vor dem ABGB oder eine derartige Situation anderswo mit diversen privatrechtlichen Einzelgesetzen von jener mit einer Kodifikation als zentralem Gesetzbuch. Im Falle des ABGB hat allerdings eine Entwicklung stattgefunden, die von der nahezu ausschließlichen Kodifikation zum allmählich bloß zentralen Gesetzbuch verlief. Das ABGB sah sich in zunehmendem Maße von Nebengesetzen flankiert: Neue Materien wurden nicht immer in die Kodifikation aufgenommen, einTeil seiner Regelungsinhalte ist sogar in Nebengesetze abgewandert und hat entsprechende Lücken hinterlassen. In dieser Entwicklung sind durchausTendenzen feststellbar. Die Nebengesetze des 19. Jahrhunderts konnten noch als Nachträge und Ergänzungen, als “kleine Reparatur”oder “Zubau”wie189699 w i l h e l m b r au n e d e r 112 vi i i . “pe ri phe ri e” de s abgb durch ne benge setz e? 97 Vgl. z.B. bei Fn 17, 21 bis 28; Schwimann, wie Fn 11, 2. Aufl.Wien 1995ff. 98 Wie o. Fn 25.

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