RS 18

93 In der Geschäftswelt, in welcher der Vertrag abgeschlossen wurde, spielten Kredite eine grosse Rolle. Es handelt sich hier um einen im Mittelmeerhandel sehr gewöhnlichen Typ des Wechsels, den sog. cambium maritimum-Y^ontrokx.. Ein solcher wurde von demjenigen in Anspruch genommen, der Bedarf an lokaler Valuta an einem Ort hatte und zugleich auch mit Einnahmen an einem anderen Ort rechnen konnte. Die in Frage kommenden Waren konnten dabei als Pfand eingesetzt werden. Hier handelt es sieh sowohl um Spezialpfand als auch umGeneralpfand. Ein solcher Kontrakt enthält die Anleihe einer Geldsumme in lokaler Währung, die iiberbewertet wurde. Die Summe wurde am Destinationsort in der dort geltenden Mtinze bezahlt, die im Verhältnis zur vorigen unterbewertet wurde. Der Kursgewinn lässt sich in der Regel nicht bestimmen, da sowohl die Leihsumme als auch die Kurse meist unbekannt sind. Auf diese Weise erhielt der Verleiher einen Gewinn; gleichzeitig wurde das kirchliche Zinsverbot umgängen. Der Profit scheint in den meisten Fallen hoch gewesen zu sein. Im aktuellen Fall war keine Risikoprämie vorgesehen; eventuelle Verluste sollten die Schuldner verantworten. Der Verleiher hat iiberhaupt versucht, sich gegeniiber alien Eventualitäten abzusichern. Die Bestimmungen, wie er die Schuldner beinahe vor alle Gerichte der Welt laden kann, kulminiert in einer Klausel, in der erklärt wird, wenn etwas im Text fehlen sollte, so solle es als dort hinzugefugt angesehen werden, als ob es dort besonders und ausdriicklich angegeben sei. Weiter verzichtet man auf das Recht, sich auf etwas zu berufen, wodurch die Schuld bestritten werden könnte. Aber wie sich Petrus de Media Villa auch abgesichert hat, es scheint ihm doch wenig geholfen zu haben. Das Schicksal der Schweden ist unbekannt, aber man kann bezweifeln, dass sie {emals nach Ägypten gekommen sind. Der Schuldbrief blieb im Besitz des Petrus de Media Villa und fiel zusammen mit seinem Nachlass an die Stiftung des frommen Almosens im Domzu Barcelona, wo er sich noch heute befindet. Dies spricht dafiir, dass die Schuld niemals bezahlt wurde. Sowohl inhalthch als auch sprachlich ist unser Dokument viel komphzierter als die meisten aus Schweden erhaltenen Notariatsinstrumente. Es ist ein raffiniertes Beispiel des umständlichen juristischen Stils solcher Instrumente, dessen Kennzeichen vor allem sind: sehr lange Sätze, hohe Frequenz formelhafter Epitheta (wie pracdictus), Wiederholung des Beziehungswortes im Relativsatz und eine Menge von Synonymen, die nicht immer einen konkreten Sinn haben. Dieser Stil bezweckt, möglichst grosse Präzision zu erreichen und alien denkbaren Einwänden vorzubeugen. Man benutzte zum grossen Teil Formulärbiicher, aber unser Text enthält auch seltene Geschäftsausdriicke, die vielleicht aus der Volkssprache stammen {implicamcutum, ernerciamentum). Es gibt Spuren einer gewissen Unsicherheit was die Syntax betrifft (Fut. Part. passivisch, Präs. Part. statt finiter Verbalformen, Akk. statt Nom.). Ein Sönder-

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=