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119 lyse der Kriminalität mufi man mit drei verschiedenen Typen von Dunkelziffern rechnen. Zumersten haben wir damit zu tun, was man Dunkelziffer in eigentlicher Bedeutung nennen kann. Ein Teil der Delikte wird nicht registriert, weil sie nicht entdeckt oder weil gegen sie keine MalSnahmen ergriffen werden. Fiir die ältere Zeit ist man auch in den meisten Fallen infolge des Charakters des Quellenmaterials darauf angewiesen, die bestrafte Kriminalität zu untersuchen. Die Dunkelziffer wird sich deshalb in der Praxis auf alle die Delikte erstrecken, fiir die keiner bestraft worden ist. Von demzweiten Typ einer Dunkelziffer kann eigentlich gesagt werden, daft es sich umein rein quellenkritisches Problem handelt, das von der Unvollständigkeit des Quellenmaterials verursacht wird. Auch wenn ein Delikt aufgedeckt und der Angeklagte fiir schuldig befunden und bestraft wurde, gibt es die Möglichkeit, daft dies nicht imGerichtsbuch oder anderem bewahrten Quellenmaterial registriert wurde. SchlieBlich begegnet uns eine Formder Dunkelziffer, von der gesagt werden kann, daft sie ein spezifisches historisches Problemist. Es kann inverschiedenen Gesellschaften andere Foren fiir Jurisdiktion, Konfliktlösung und Bestrafung und andere Vorgehensweisen im Umgang mit Delikten geben, als sich an die eigentlichen Gerichte zu wenden. Auch auf diese Weise werden gewisse Delikte nicht in dem Quellenmaterial, das diese Gerichte produzieren, registriert, obwohl das Delikt sowohl entdeckt als auch geahndet wurde. Die Gröfie der Dunkelziffer kann damit auch verändert werden, z.B. durch eine zunehmende Monopolisierung der Jurisdiktion oder durch eine zunehmende Neigung, sich an ein Gericht zu wenden. Bruce Lenman und Geofrey Parker sind der Auffassung, dafi ein groBer Teil der Kriminalität während des 16. und des 17. Jahrhunderts dadurch systematisch fortfällt, dafi die Menschen z.B. Vergleiche geschlossen haben statt vor Gericht zu gehen. Gleichzeitig mufi man auch damit rechnen, daft die Möglichkeit, von der Rechtsausiibung durch die Einnahme von Bufigeldern zu profitieren, einen Antrieb dargestellt hat, die Rechtsausiibung zu monopolisieren und die privaten Vereinbarungen zu begrenzen. In Stockholm haben die Ziinfte (und vermutlich auch die Gilden) eine gewisse Jurisdiktion auch im Zusammenhang mit Gewalt- und Verleumdungsdelikten ausgevibt. Hier hat freilich der Magistrat sehr genau iiber sein Recht an den Bufigeldeinnahmen gewacht. In den Zunftordnungen wird immer wieder vor Augen gehalten, daft die Stadt nicht ihrer Bufieinnahmen verlustig gehen darf. Es ist ziemlich offenbar, dafi die einfache und zu Beginn vielleicht naheliegende Frage „Wieviele Delikte verschiedener Kategorien wurden begången?“ nicht auf eine einfache und eindeutige Weise beantwortet werden kann. Trotzdem ist es bedeutsam, sich ein grobes Bild von der Anzahl der Gewalt- und Verleumdungsdelikte und deren Anted innerhalb aller bestraften Delikte in ihrer Gesamtheit zu verschaffen, nicht weil dies ein gerechtes Bild von der Kri-

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