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117 Untersuchungen hat aufgezeigt, dafi Diebstahl in vielen Fällen ein gewöhnliches Delikt im Spätmittelalter und der friihen Neuzeit gewesen sein konnte. Hier kann doch hervorgehoben werden, dafi schwedische Untersuchungen darauf hinweisen, daft Diebstahlsdelikte in dieser Zeit nur eine geringe Anzahl ausmachten. Die These uber ein älteres, mehr gewaltgeprägtes Deliktsmuster wird bisweilen mit Zivilisationstheorien des Typs, den Norbert Elias eingefiihrt hat, verkniipft. Der mittelalterliche Mensch wird als mehr gewaltsam angesehen und er soil es schwerer gehabt haben, seine Geftihle zu bezwingen. Zufällige personliche Konflikte sind schnell in Gewalthandlungen iibergegangen. Im Laufe der Zeit sind die Menschen indessen immer mehr zivilisiert geworden. Sie haben gelernt, sich zu beherrschen, ihre Gefiihle zu bezähmen, und sie haben sich eine mehr und mehr verfeinerte und gesittete Lebensweise geschaffen. Es ist doch fraglich, ob die Neigung, Gewaltdelikte zu begehen, auf so einfache Weise auf das Vermögen oder Unvermögen sich zu beherrschen, zuriickgefiihrt werden kann. Gewalt und die Neigung, Gewalt imZusammenhang mit Konflikten verschiedener Art anzuwenden, muB billigerweise von sozialen Normen und sozialen Zusammenhängen her verstanden werden. Gewalt kann ein Ergebnis ganz anderer Faktoren als demUnvermögen, sich zu beherrschen, sein. Wenn man fiber Gewalt und Gewaltverbrechen spricht, ist es auch wichtig, sich zu erinnern, daft nicht jedwede Gewalt in der Gesellschaft kriminalisiert ist. Es ist heikel — wie es bisweilen geschehen ist — von der Menge der Gewaltdelikte her verschiedene Gesellschaften als mehr oder minder gewaltsamzu bezeichnen, well man dabei nur die illegale Gewalt beriicksichtigt. Sowohl in moderner als auch in frtiherer Zeit kamen auch verschiedene Formen von legalisierter Gewalt vor. Es kann sich um die Gewalt handeln, die der Staatsapparat ausiibt, z.B. in Formdes Strafsystems oder des Militärs; aber es kann auch Gewait sein, die von einzelnen Personen ausgeiibt wird, z.B. in Form von Ziichtigung (zu Zeiten als diese zugelassen war). Die Grenze zwischen legaler und nicht legaler Gewalt ist natiirlich nicht ein fiir allemal gegeben, sondern gesellschaftlich bestimmt und veränderlich. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, den Unterschied zwischen Legalität und Legitimität hervorzuheben; zwischen dem, was von Gesetz und Recht akzeptiert wird und dem, was als legitimin der Bedeutung angesehen wird, daB es als gerechtfertigt und gerecht aufgefafit wird. Das Legale und das Legitime muB nicht immer zusammenfallen. Es kann sogar verschiedene Auffassungen dariiber geben, was legitimist. Genauso wie das Legale veränderlich ist, sind selbstverständlich auch die Auffassungen fiber das Legitime wandelbar. Das Rechtssystem wird sich mit der illegalen Gewalt beschäftigen. Aber man kann auch damit rechnen, daft Gewalthandlungen, die formell gesehen illegal sind, aber desungeachtet als legitim angesehen werden, in sehr geringem Aus-

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