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Horst Denzer 26 römischen, haben ihren Anteil an dem schlechten Stand des Naturrechts. Die Juristen seien von Rom und seinem Staat so eingenommen gewesen, daB darunter das allgemeine Raisonnement gelitten habed® Es ist deshalb verständlich, daB das Naturrecht sich in der philosophischen Fakultät ansiedelte und erst von hier aus in die juristische Fakultat getragen wurde. Das Beispiel von Samuel Rachel in Kiel zeigt, daB auch die in der juristischen Fakultät Lehrenden das Naturrecht in der Regel aus der praktischen Philosophie heraus entwickeln. Deshalb wird auch von Juristen der damaligen Zeit, wie Christoph Resold, die Jurisprudenz der Politik untergeordnet. Er sagt in seiner Schrift „Principium et finis politicae doctrinae“ (1625): „Huic (scilicet Politicae) jurisprudentia subordinatur; quae (sc, jurisprudentia) quod in genere philosophicus Practicus docet, specialiter et particulariter per circumstantias Personarum, rerum, locorum et temporum deducit . . . Jureconsultum sine politica scientia perfectum videri non posse . . . Non est Jureconsultus, sed juris stultus, qui practica caret philosophia.“-® Auch dies entspricht genau der Ansicht Pufendorfs, der im Naturrecht eine „jurisprudentia universalis" sah, von der die Spezialdisziplin der Jurisprudenz, die die Gesetz spezieller Staaten erörtert, abhängt. VI Die Beheimatung des Naturrechts in der Lehre der philosophischen Fakultät im 17. Jh. können wir auch anhand der nicht sehr zahlreich erhaltenen Vorlesungsverzeichnisse verfolgen. In der zweiten Hälfte des 17. Jhs. wird begonnen, in den privaten Kollegs iiber das Naturrecht des Grotius zu lesen. Einer der ersten, wenn nicht der erste iiberhaupt, der iiber Grotius privatim in Deutschland gelesen hat, ist Pufendorf, der nach eigenem Zeugnis schon vor 1663 in Heidelberg den Versucht gemacht hat, iiber Naturrecht in den öffentlichen Vorlesungen zu lehren. Doch weil die meisten diese subtileren Studien scheuen und sie nicht verstehen, wie er schreibt, zog er es dann vor, iiber Grotius privatim zu lehren, Als nächste haben iiber das Naturrecht wohl Samuel Rachel in Kiel und Heinrich Nikolaus Hieronymus Gundling, Collegium Historico-literarium, Bremen 1738, Kap. 5 § 3. Zu Rachel und zur Rolle des Naturrechts in Kiel siehe: Geschichte der ChristianAlbrechts-Universität Kiel 1665—1965, Bd. Ill, 1: Geschichte der juristischen Fakultät, Neumiinster 1965, S. 27 ff., 73; Bd. V, 1: Geschichte der philosophischen Fakultät, 1969, S. 9 ff.; Friedrich Volbehr/Rlchard Weyl, Professoren und Dozenten der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel 1665—1954, Kiel 1956. Ähnllch gelagert ist auch die Rolle Pufendorfs in Lund und die Rolle des Naturrechts in den philosophischen und juristischen Fakultäten in Jena (dazu: Geschichte der Universltät Jena 1548/58—1958, 2 Bde, Jena 1958—62, Bd. 1, S. 140 f., 147 f.).

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