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zur Selbstrache uiid zur Notvvehr in den ältesten nordischen Gesetzen l)esessen hat. Wenn also iin I'olgenden von der Klage gegen den Toten gesproclien wird, so sind dainit die soeben genannten Fälle geineint, d. h. der Terminus wird in dem Sinne verwandt, den er bisher in der Recbtsliteralnr gehal)t bat. In der deutsc-hen Rechtslileratur verwendet man gewöhnlich den Terminus »die Klage gegen den tolen Mann«. Der weniger gebriiuchliche Ausdruck »die Klage gegen den Toten« ist jedoch vorzuziehen, da er die Terminologie der nordischen Quellen richtiger wiedergibt. Der Regrifl »Klage« ist freilich in diesem Zusamnienhang nicht ganz zutrelTend, da im isländischen Recht eine vor Zeugen abgegebene private Unheiligkeitserkliirung des Toten vorkommt, welche die gleictie rechtliche Wirkung besitzt wie eine Verurteilung des Toten, die in einem förmlichen Prozess ausgesprochen wird. Aus diesem (irunde ware der Terminus »das Verfahren gegen den Toten« wohl der beste. Da indessen der Regriff »Klage« in deni bier vorliegenden Zusammenbang einen fest verankerten Platz in der Rechtsliteratur besitzl, ist er aucb in der vorliegenden Arbeit beibehalten worden. Scherer hat in seiner Arbeit nachzuweisen versucht, dass die Klage gegen den Toten eine gemeingermanische Erscheinung ist.* Er bat in iiberzeugender Weise dargelegt, dass ein solches Klageverfahren nicht nur in den nordischen Rechtsquellen, sondern auch in den siidgermanischen, sowohl in den ältesten Gesetzen, den Wilksrechten, als auch in den grossen Kodifikationen des dreizehnlen .Tahrhunderts, dem Sacbsenspiegel und dem Schwabenspiegel und den gleichzeitigen deutschen Stadtrechlen. sowie auch in den angelsachsischen Gesetzen vorgekoinmen ist. Da es sich also um eine allgemeingermanische Erscheinung handelt, miisste sich die Darstellung der Klage gegen den Toten eigentlich auf das ge.samte Material der germanischen Rechtscpiellen griinden. Die folgende Darstellung beschränkt sich indessen auf das Material der nordischen Quellen. Diese Beschränkung lässt sicb in erster Linie damit motivieren, dass die nordischen Quellen in gewisser Weise den Schliissel zn den iibrigen germanischen Quellen darstellen. Die Bestimmungen der siidgermanischen Volksrecbte sind nämlich so kurzgefasst und so schwierig zu interpretieren. dass zn ihrem A'erstandnis ein Vergleich mit den - .Scherer. S. 17‘trf. 9

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