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51 Die nach der PHOim miindlichen Verfahren zu entscheidenden Sachen wurden zugleich in verfahrensmäBigen Einzelheiten genau geregelt. Ging es andererseits urn das Recht der Parteien, in materieller Hinsicht iiber den Streitgegenstand zu verfiigen, gait ein strikter Dispositionsgrundsatz, eine fiir den älteren KameralprozeB typische Erscheinung.^^® Diese Dispositionsbefugnis der Parteien fiihrte zu erheblichen ProzeBverzögerungen. Der ältere ZivilprozeB am RKG wurde auch von einer anderen Erscheinung gepragt, dem Artikelprozeji. Diese ProzeBformwar aus dem römischkanonischen Recht rezipiert worden. In ersten Artikeln sollte der Kläger die Griinde, auf die er seine Klage stiitzte, darstellend^' Hatte der Beklagte auf sie in der Litiskontestation geantwortet, muBte der Kalumnieneid geschworen werden. Danach stellte der Kläger besondere Artikel zusammen, positiones, die vom Beklagten mit Ja oder Nein zu beantworten waren. Der Beklagte nahm zu diesen Artikeln des Klägers in seiner Antwort, responsiones, Stellung. Die Behauptungen, die der Beklagte bestritt, muBte der Kläger beweisen. Im nächsten Stadium des Prozesses fiel dem Kläger deshalb die Aufgabe zu, vor dem Hintergrund von Positionen und Responsionen seine Beweisartikel zu erarbeiten. Die entsprechende Arbeit des Beklagten waren ergänzende Fragen, interrogatoria. Diese strikt förmliche —und langwierige —ProzeBform war in gewissem Umfang fakultativ geworden. Durch die RKGO 1555 war dem Kläger die Möglichkeit gegeben worden, bei Klagerhebung zu wählen, ob er seine Klage durch Artikel oder im summarischen Verfahren vortragen wollte.^^® Die PHO schrieb einen dem KameralprozeB analogen ArtikelprozeB vor. Der Kläger sollte sich an einen Rechtsgelehrten um Unterstiitzung bei seiner Klage wenden. Dieser sollte die Klage entweder in kurzen Artikeln oder in Form einer Klagschrift, eines Klaglibells formulieren.*^® Die unmittelbare Abhängigkeit vom KameralprozeB ergibt sich aus einer generellen Verweisung, die im Zusammenhang hiermit erlassen wurde: Auf welche Weise der Kläger seine Klage darzulegen hatte, sollte er der Reichsgesetzgebung entnehmen; diese Einzelheiten sind „nicht aus dieser Ordnung, sondern aus den gemeinen Rechten, und derselbigen Lerern zunehmen“.^-^ Die fakultative Möglichkeit der Klagerhebung durch Artikel oder summarische Klage findet man auch imVB von 1613. Der sächsische ProzeB war um die Jahrhundertwende vom 16. zum 17. Zur Anwendbarkeit dieser Maxime am RHR Sellert: Stilus Curiae S. 175 ff. Summari-Klage, einfachen Libell. Sellert: Stilus Curiae S. 145 ff. Buchda, HRG I Sp. 233 ff. — Vgl. jedoch § 88 des Reichsabschiedes von 1570; Neue Sammlung III S. 299. Falls summarisches Verfahren zulässig war. Von dem Kleger. PHO fol. 59 pag. 2. 121 PHO fol. 60 pag. 1; vgl. fol. 57. >22 VB 1613 Tit. XXXV. 122 120

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