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52 Jahrhundert von Benedikt Carpzov entwickelt worden. Dieses ProzeBsystem griindete sich auf das Prinzip, daB der Klager seine Klage miindlich vortragen sollte. Der ArtikelprozeB war verboten. Schon in der Klage sollten alle klagbegriindenden Ausfiihrungen des Klagers geboten werden. Unvollständigkeit der Klage fiihrte zur Abweisung der Klage ex officio. ImPrinzip hatte der Beklagte in seiner Entgegnung auf die Klage zu alien Behauptungen des Klagers Stellung zu nehmen. Säumnis auf Seiten des Beklagten fiihrte zum Versäumnisurteil. Dies war der Inhalt der Eventualmaxime, die im Gegensatz zu den den ArtikelprozeB beherrschenden Grundsatzen den ProzeB beschleunigen sollted-^ In PHO und VB von 1613 sind unmittelbare Einfliisse dieses in Sachsen entwickelten ProzeBprinzipes nicht zu finden. Auch hinsichtlich des Beweisverfahrens bestånden Unterschiede zwischen dem letztlich auf das justinianische Recht zuriickgehenden System der Reichsgerichte und dem sächsischen System mit Beweisinterlokut iiber Beweisthema, Beweislast und Modalitäten des Beweisverfahrensd-^ Bei den Reichsgerichten waren die drei klassischen Beweismittel zugelassen: Urkundenbeweis, Augenschein und Zeugenbeweisd-® Eine entsprechende Aufteilung ist in der PHO zu findend-® Primares Beweismittel war die Urkunde, der auch höherer Beweiswert als vor allem dem Zeugenbeweis zugemessen wurded-" Die beiden iibrigen Beweismittel kamen bei den Reichsgerichten nur indirekt vor, da Zeugenbeweis und Augenschein in Abwesenheit der Parteien stattfanden — In einem ProzeB des RKG vom Anfang des 16. Jahrhunderts war eine commissio cum articulis die Grundlage der Beweiserhebung.^-^ —Besonders vom Kaiser ernannte Personen fiihrten die Beweisaufnahme durch. Ob das das im Regelfall zu beobachtende Verfahren war, ergibt sich aus der RKGO 1555 nicht. Möglicherweise hatte sich das Verfahren in der Praxis des Gerichts entwickelt.^^” Nach der PHO war im Hofgericht nur Beweis durch „Brieffliche Urkunden“ möglich und allein zugelassen. MuBte „Augenschein unnd besichtigung“ stattfinden oder muBten Zeugen gehört werden, hatte das Seliert: Stilus Curiae S. 287. Conrad: Rechtsgeschichte II S. 458. Buchda, HRG I Sp. 408 ff. Sellert: Stilus Curiae S. 294 ff. Sellert: Stilus Curiae S. 300. Wiggenhorn: ReichskammergerichtsprozeC S. 211. Von Commissarien und furstellung der Zeugen und wie die Commissari mit vorhör der Zeugen vorfaren sollen. PHO fol. 73 pag. 2 —fol. 76 pag. 2. Sellert: Stilus Curiae S. 301. Sellert: Stilus Curiae S. 308. Conrad: Rechtsgeschlchte II S. 457. Wiggenhorn: ReichskammergerichtsprozeB S. 212. Ob die Beweisaufnahme innerhalb oder aber auBerhalb des eigentllchen Prozesses stattfunden hat, ist allerdings unklar .—Muller, SZGerm 55 (1935) S. 258. In der Literatur ist es behandelt von Rulandus: De commissarlis IV. 126 128 129

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