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Es ist nach dieserVorstellung geboten, daß etwas im Ursprung Gottgegebenes auch anderen vermittelt wird. Dies gilt, wie Savigny hier feststellt, sogar insoweit, als das eigene Volk im Rahmen der historischen Rezeption mit dem zuvor fremden, nämlich römischen Recht versehen worden ist. Sich selbst sieht Savigny alsWerkzeug dieserVermittlung.215 Die Überzeugung von der allgemeinenVerbindlichkeit grundlegender Rechtsprinzipien ermöglicht Savigny, im Internationalen Privatrecht den Gedanken der völkerrechtlichen Gemeinschaft als Grundlage der „freundlichen Zulassung“ fremden Rechts zu benennen.216 Sturm bescheinigt Savigny insofern treffend eine „nathanische Sicht“.217 Die „freundliche Zulassung“ fremdenRechts ist möglich, weil Savigny nicht etwa die Richtigkeit eines positiven Rechts als Ergebnis einer bestimmten historischen Entwicklung gegenüber einem anderen bestreitet. Leo Raape, der dem8. Band des „System“ die dauerhafteste Wirkung unter allen Werken Savignys beigemessen hat, hat hier bekanntlich den „Anfang und das Ende allen internationalen Privatrechts“ gesehen.218 Auf Grundlage dieser Überzeugungen spricht Savigny auch mit Rücksicht auf die russischen Juristen nur von der Vermittlung von Rechtswissenschaft. Keinesfalls behauptet er, ein bestimmtes fremdes Recht sei für das Zarenreich angemessen. Ihm ist dieVorstellung fremd, daß ein und dasselbe Recht in den verschiedenen Völkern gelten müsse. Er meint vielmehr, aus der notwendigen Individualität derVölker folge, daß dieVorstellung von einem gemeinsamen Recht für alle Völker ebenso unangemessen sei wie die einer allgemeinen Sprache.219 Keinesfalls wird in seiner Rechtswissenschaft eine Metaphysik in Bezug genommen, um den konkreten Geltungsanspruch eines bestimmten Rechts herzuleiten. Entsprechend hat Hattenhauer mit Recht feststellen können, daß Savigny, um den Vorrang des Gewohnheitsrechts als Grundlage des in Deutschland geltenden römischen Rechts gegenüber dem Gesetz zu begründen, „sich nicht auf göttliche Ofre cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 72 215 Behrends, Mommsens Glaube (o. Fn. 150), S. 340. 216 Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 8 (1849), S. 28 ff. 217 Fritz Sturm, Savigny und das internationale Privatrecht seiner Zeit, Ius Commune 8 (1979), S. 92, 108. 218 L. Raape, Internationales Privatrecht, 5. (letzte von ihm selbst bearbeitete) Aufl. (1961), S. 166 f. 219 Savigny,Rezension Gönner (o. Fn.62),S.396; vgl. Strauch,Recht (o. Fn.159),S.43.

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