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Behrends hat darauf hingewiesen, daß diese Äußerung im Zusammenhang mit Savignys Auseinandersetzung mit dem von ihm geschätzten157 protestantischen Mystiker Heinrich von Schubert fällt, der das Stichwort „Offenbarung“ hier bereits vorgegeben hatte.158 Gleichwohl ist es Savigny selbst, der hier den eschatologischen Gedanken formuliert, daß geschichtliche Entwicklung im Rahmen eines Niedergangs einstmals Offenbartes verderbe, und der dieVorstellung entwickelt, es sei Aufgabe derWissenschaft, die „korrumpierte Offenbarung“ von aller Verfälschung und Verschlechterung zu befreien.159 DieseVorstellung bezieht sich auch auf das Recht. Behrends hat, wie sich im Zusammenhang mit dem zuvor genannten Zitat aus dem „System“ ergibt, SavignysVorstellung überzeugend dahingehend beschrieben, daß auch das Recht letztlich Ergebnis einer göttlichen Offenbarung sei.160 Soweit dessen wahre Grundsätze zwischenzeitlich in Phasen des Niedergangs aus dem Blick geraten waren, können Sie durch „Fortschritt“ auch von neuem errungen werden. Savigny zieht durchaus in Betracht, daß sich diese Entwicklung noch weiter fortsetzt. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, daß der an sich konservative Savigny die fortlaufendeVeränderung des jeweils positiven Rechts durchaus vorgesehen hatte, nämlich im Rahmen seiner Lehre vom Intertemporalen Privatrecht.161 mart i n ave nar i u s 61 156 Vgl. O. Pfülf, Friedrich Karl von Savigny als Ireniker (Zweiter Teil), in: Stimmen aus Maria Laach. Katholische Blätter, Bd.66(1904), S. 165-185(182) mit Behrends, Geschichte (o. Fn. 115), S. 265 und Raub-Domnick, Friedrich Carl von Savigny (o. Fn. 130), S. 131.Vgl. ferner den Brief „Zum Christfeste 1820“ an Bettine v. S., bei Erler, Zwei unbekannte Briefe (o. Fn. 131), S. 351. 157 Stoll, Savigny Bd. 2 (o. Fn. 23), S. 166; vgl. den Brief an J. undW. Grimm vom23. 11.1816, bei Stoll aaO., Nr. 320, S. 212. 158 Behrends, Geschichte (o. Fn. 115), S. 265 mit Fn. 14. 159 Vgl. D. Strauch, Recht, Gesetz und Staat bei Friedrich Carl von Savigny, 2.Aufl. (1963), S. 116. 160 Behrends, Geschichte (o. Fn. 115), S. 263 und die Rezension von R.Willvonseder in der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung) 104 (1987), S. 819-830 (828). 161 Avenarius, Savignys Lehre (o. Fn. 115), S. 61 ff.. wir selbst in der tieffstenVerderbtheit noch die göttlichen Keime erkennen, die der böse oder ungeschickte Mensch zu seinemVerderben verunstaltet hat. Mit der einfachen Unterscheidung sinnlicher Ausgestaltung (in der altenWelt) und geistiger (in der neuen) reichen wir wahrlich nicht aus, und so kann ich auch kein ursprüngliches oder absolutes Heidentum anerkennen, sondern nur korrumpierte Offenbarung.“156

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