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Civilis, nicht an den Codex Justinianus an, sondern, wie Savigny bereits klar ausgesprochen hat, an dessen systematisches Herzstück, das mit Gesetzeskraft ausgestattete Lehrbuch der Institutionen Justinians.6 Im berühmten Kodifikationsstreit zwischen Thibaut und Savigny wird das Wort Kodifikation selbst noch nicht verwendet. Es scheint sich erst durch Benthams vergebliche Propaganda für eine Gesetzgebung im Bereich des Common Law durchgesetzt zu haben.7 Der Sache nach ist der Begriff aber längst vorhanden, wie Savignys Rede von der von einem Gesetzbuch zu fordernden, analogische Fortentwicklung erlaubenden, organischen Einheit deutlich zeigte. In der antiken lateinischen Sprache kommt der Ausdruck “corpus iuris” dem modernen Kodifikationsbegriff am nächsten. Das ist überraschend, da dieser Ausdruck in seiner Anwendung auf die justinianische Kodifikation einen Sinn erhalten hat, der nicht gerade die innere systematische Kohärenz betont. Wer heute vomCorpus Iuris Civilis spricht, assoziiert entweder die Gesamtausgabe des Dionysios Gothofredus, die alleTeil des Corpus Iuris in einem einzigen Buch zusammengezwungen hat, oder die vier Teile des Gesamtwerks, Institutionen, Pandekten, Codex und Novellen, ohne an ihnen in besonderen Maße die Einheit zu empfinden, die Justinian empfand, und zwar einschließlich der o k k o b e h r e n d s 20 6 Vom Beruf (oben Anm. 2) S. 65. Man werde “häufig finden, daß wichtige Gegenstände blos deswegen fehlen, weil sie auch gar nicht oder nur beyläufig in Justinians Institutionen vorkommen, die ja vielen neueren Systemen oft unbe/66/merkt zum Grunde liegen”. Noch deutlicher sagt Savigny vom östereichischen AGBG (97):“In der ganzen Form und Anlage ist dasWerk einem etwas ausführlichen Institutionencompendium sehr ähnlich.” Vgl. auch die folgende Anmerkung. Grundlegend zur Bedeutung der nationalsprachlichen Institutionenlehrbücher für die Vorbereitung der nationalstaatlichen Kodifikationen Klaus Luig, Institutionenlehrbücher des nationalen Rechts im17. und 18. Jahrhundert, in: Ius commune 3 (1970), S. 64 ff.; siehe zu dem Thema auch meinen Beitrag: Die Institutionen Justinians als Lehrbuch, Gesetz und Ausdruck klassischen Rechtsdenkens, in: Behrends/Knütel/Kupisch/ Seiler, Corpus Iuris Civilis, Bd. I Institutionen (1997), S. 279-288. 7 Vgl. nur Titel wie ‘Codification Proposal. Adressed by Jeremy Bentham to All Nations Professing Liberal Opinions (1822); Leadings Principles of a Constitutional Code for Any State (1823); Justice and Codification Petitions (1829).

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