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d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 177 mehr-wiederkehrenden Umständen, zu trennen. Man kann daher diesen Dualismus als einenVersuch des Auseinanderspaltens der Begriffe Rechtsbildung und Rechtsanwendung deuten. Eine normative Rangordnung wird etabliert, mit dem Gesetz (Rechtsbildung) auf einer höheren Ebene als die Praxis und alle übrigen relevanten Rechtsquellen (Rechtsanwendung). Daher ist dieser Unterschied von prinzipieller Bedeutung. Das Prinzip der relativen Bedeutung der Praxis geht tiefer als ein bloß direkter Gegensatz zu dem im angelsächsischen Recht vorherrschenden Prinzip der bindendenWirkung der Praxis, stare decisis. Die französische Trennung zwischen Rechtsbildung und Rechtsanwendung wurde auf eineWeise durchgeführt, die die Sonderstellung des Gesetzes sichert. Jede rechtliche Tätigkeit, die außerhalb der Gesetzgebung liegt, wird als application, oder interprétation, definiert. Artikel 4, 5 und 1351 des Code Civil lösen die produktive Wechselwirkung zwischen Gesetz und Praxis auf, welche z.B. in der schwedischen Rechtsordnung als selbstverständlich angesehen wird. Die ursprüngliche staatsrechtliche Machtverteilungslehre hat im französischen Recht eine im Code Civil gesetzlich festgelegte Fassung für das Zivilrecht erhalten, welche die allgemeine Gültigkeit der Rechtsanwendung einschränkt. Es ist schwerlich eine Zufälligkeit, dass man immer noch Artikel 5 und 1351 als Argument für die französische Bewertung der Praxis als eine “dem Gesetz untergeordnete Rechtsquelle” verwendet.52 Als Kontrast zur Spaltung der Begriffe Rechtsbildung und Rechtsanwendung des Code Civil soll hier der schwedische Rechtsquellenbegriff des 19. Jahrhunderts untersucht werden. Da die schwedische Rechtspolitik sich vom europäischen Kodifikations52 “Ces principes se prolongent dans l’absence de force obligatoire du précédent. Une décision rendue par une juridiction quelle qu’elle soit ne s’impose pas aux autres juridictions ayant à trancher par la suite une affaire équivalente.”, Cabrillac, Introduction générale au droit, Paris (1997), s. 116. 3. 3 Der Schwedische Rechtsquellenbegriff des . Jahrhunderts

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