RS 23

d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 121 nehmen – eine geradezu ganz unmarxianische Auffassung: was soll in derTat denn derTod desVertrages in marxianischem Sinn bedeuten? Um es mit Sorels Worten zu sagen: “diejenigen, die vor hatten eine juristische Eigentumskritik auszuüben sind gerade deswegen vom Marxismus losgetrennt”.17 Abgesehen davon mündet, wie gesagt, die eben erwähnte Thesenkonstellation in eine nicht unerwartete Stellungsnahme für geschichtliche Kontinuität oder sogar in eine neoliberale, marktorientierte Konfliktsversöhnung: Das Gesetzbuch in seinen zeitlichen Phasen – selbstverständlich auch in der Änderung, bzw. refonte Stück für Stück – “assure la continuité des formes”, wie auch die der Nation Frankreichs. So sind wir unmittelbar an unsere wichtigste These herangekommen und zwar an die Frage der “deux France” (die zwei Frankreich) bzw. der Säkularisierung und damit an die Bewertung der napoleonischen Entscheidungspolitik gegenüber diesem Problem. Die beiden Autoren, die wir jetzt vorhaben, als Zeugen oder genauer, als indirektes Lackmus heran zu ziehen, werden vielleicht den Beweis erbringen, dass die oben erwähnte noch gebräuchliche Klassifizierung18 der hermeneutischen Positionen dem Code gegenüber in rechts und links im historisch-politischen Sinne keine erhellende Funktion zukommt.Natürlich, um dann um so besser rethorisch die Position der Mitte als die einzige plausible legitimieren zu können. Zuerst kurz zu dem Geschehen. Im Jahre 1843 wurdeTocqueville von der Académie des sciences morales beauftragt, einen Bericht über “l’état des doctrines morales au XIXe siècle et sur leurs applications à la politique et à l’administration” zu verfassen und rief dann den noch jungen, aber begabten Arthur de Gobineau zu Hilfe. Tocqueville erkennt sofort als entscheidenden Punkt, um die Aufgabe voran zu bringen, die genaue Klärung des Wesens der 17 S. G.Sorel, La décomposition du marxisme 1908, hier nach der italienischen Übersetzung (G. Sorel, La decomposizione del marxismo, Lara, Roma 1968, S. 62.) zitiert. 18 Vgl. z.B. ebenso J. Carbonnier, Les Lieux de la mémoire, S.1338.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=