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Systematik im umbruch 69 zweier, getrcnnter, nebeneinander stehender, zugleich aber vcrflochtcner Rcchtsordnungcn“.'° Unter der Voraussetzung, dal^ man die Vorstellung innerer Rechtseinheit nicht grundsätzlich ablehnt", stellt sich die Frage, wie die Aufgabe der Gew<ihrleistung innerer Einheit unter diesen Umständen zu verstehen bzw. zu lösen ist.’- In der Tat diirfte es sich hier um eine bei Integration allgemein hervortretende grundlegende Problematik der Rechtsbildung handeln, die sich wegen der Ausformung des Gemeinschaftsrechts spezifisch gestaltet. Die Problemstellung soil nach meinemVerständnis zwar als eine Frage der inneren Einheit des Rechts formuliert werden - sie ist jedoch nicht mehr nur begrenzt national zu verstehen. Die Kernfrage der Sache lautet: wie kann man bei der Integration verschicdener Rechtssysteme die innere Einheit des Rechts gewährleisten - oder änders ausgedruckt: wie kann man eine rechtliche Zersplitterung und die daraus folgenden Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung bzw. die rechtlichen Legitimitätsprobleme vermeiden? Diese Fragestellung ist keineswegs neu.’^ Im sich stets verändernden gemeinschaftsrechtlichen Kontext gewinnt sie indessen an Aktualität.''* Ich werde sie vor demHintergrund der Rechtsauffassung Friedrich Carl von Savignys behandeln. Savigny war mit einer ähnlichen Problematik beschäftigt und arbeitete dabei eine Konzeption von Recht und Rechtswissenschaft bzw. eine daraus folgende Antwort auf die Frage nach der Gewährleistung innerer Rechtseinheit aus. Die vorliegende Arbeit ist zunächst den Grundgedanken Savignys gewidmet. Der Riickgrifl auf Savigny fiihrt zu einer Erörterung der erkenntmstheoretischen Grundlagen der Vorstellung innerer Rechtseinheit. Er wirft ferner Nctteslicim, Auslcgung und Fortbildung nationalen Rechts im Lichtc des Gemeinscliaftsrechts, AöR 119, 1994, S. 261 ft (262). '■ Diese Stellungsnahme ist meiner Meinung nach primär erkenntnistheoretischer Art; liierzu näher unten, II. 1.3. Ipsen hat einerseits darauf hingewiesen, dal5 die Gemeinschaftsrechtsordnung „mit dem staatlichen Recht nach ihrer Herkunft und Geltung keine Einheit [biidet], sondern eine von diesem gesonderte, andersartige Rechtmasse, die auch nicht zugleich staatliches Recht ist, also etwa eine Doppelnatur bestitzt"; Ipsen, Hans Peter, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 261. Dies schlielk' anderseits nicht aus, „dab Gemeinschaften und Mitgliedstaaten in der Ausiibung ihrer Hoheitsrechte eng miteinander verbunden sind und ihre Rechtsan-iccndung als Einheit betrachtet werden kann“. Hiermit ist meiner Meinung nach nur hervorgehoben, dafi die Frage nach der Rechtseinheit ein Problem der Rechtsanwendung ist; ihre Beantwortung bleibt allerdings often. ImZusammenhang mit der gemeinschaftlichen Privatrechtsangleichung wurde sie schon von Beitzke angesprochen; Beitzke, Giinther, Probleme der Privatrechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ZfRV 5 (1964), S. 80 ff (93). '■* Allgemein zur Frage nach der Einheit der Rechtsordnung imgemeinschaftsrechtlichen Kontext Hilf, Meinhard, Einheit der Rechtsordnung: EG-Recht und nationales Recht, in; Schmidt, Karsten (Hg.), Vielfalt des Rechts - Einheit der Rechtsordnung, Berlin, 1994, S. 219 tf. Vgl. auch Götz, Volkmar, Auf dem Weg zur Rechtseinheit in Europa, JZ 1994, S. 265 ff. 6

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