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ThEORIE UNI) PRAXIS 115 richte konzentrieren. Auf der anderen Seite wollten die Konservativen die privilegierten Spezialfora, die vor allem im 17. Jahrhundert fiir verschiedene Gruppen begriindet worden waren, beibehalten. Dieser Konflikt iiberdauerte die ganze erste Halfte des 19. Jahrhunderts. Ein reprasentatives Detail dieses Konflikts var der Streit um die akademische Jurisdiktion um 1820. Johan Gabriel Richert war seit 1818 Sekretär einer besonderen Regierungskommission, die beauftragt worden war, die Voraussetzungen einer Abschaffung dieser Universitatsgerichtsbarkeit zu untersuchen. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dafi diese Gerichtsbarkeit aufhören und die ihrer Kompetenz unterliegenden Sachen auf die allgenieinen Gerichte iibergehen sollten. Das Konsistoriumder Universität Uppsala veröffentlichte 1821 eine Entgegnung, die von einigen dominierenden Juristen der Universität, zugleich Anhängern der historischen Schule, verfalk war. Diese Schrift war durchaus eine historische Darstellung und voller historischer Argumente. In einer Antwort auf diese Schrift aus demJahre 1822 wies Richert die Thesen der historischen Schule zuriick. Thesen und Lehre von Savignys diirften seiner Meinung nach eine durchgreifende Gesetzesrevision nicht verhindern. Er argumentierte als Gegner einer Juristenherrschaft iiber Rechtsprechung und Rechtsentwicklung und trat auf als Befurworter einer in demokratischer Ordnung festgelegten Gesetzgebung und - daraus folgend - einer stärkeren Laienbeteiligung an der Rechtsprechung. Gesetze werden, Richert nach, aus den Sitten und Gedanken des Volkes entwickelt; das Volk wirkt durch seine Teilnahme an der Gesetzgebung organisierend und verbessernd. Die Rechtswissenschaft unterstrich also Geschichte als Argument. Fiir die Universitätsprofessoren jener Zeit entstand die organische Rechtsordnung in den Gerichten; sie zogen diese Form der Entwicklung dem demokratischen Systembau durch Gesetze und Beschliisse demokratischer Parlemente vor. Dieser polarisierte Konflikt zwischen Rechtswissenschaftlern und Richtern einerseits und reformfreudigen Parlanientariern andererseits hat aber tiefere Dimensionen: auch parlamentarische Gesetzgeber hatten sich dem Argument der Unveränderlichkeit der Gesetze nicht verschlossen. Diese Ambivalenz von Gesetzgebung und Rechtswissenschaft wurde auch deutlich in dem Auftrag, eine kritische Quellenausgabe der mittelalterlichen Gesetze Schwedens auszuarbeiten, der 1822 den beiden jungen Rechtswissenschaftler Carl Johan Schlyter [1795-1888] und Hans Samuel Collin [17911833] erteilt wurde.Denn dieses grofie Projekt war nicht in erster Linie ein Elsa Sjöholm, Rechtsgeschichte als Wissenschaft und Politik. Munchener Universitäischriftcn, Bd. 10, Miinchen 1972. -t5 Vgl. C. J. Schlvtcr, Ucber die Entwurfe neuer Civil- und Strafgesetzbuchcr fur Schweden, nebst cinigen litcrarischen Notizen, in: Kritischc Zcitschrift fur Rechtswissenschaft und Gesetzgebung des Auslandes; Bd. 5, 1833.

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