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Das rOmischf, rfcht-vonratio scriptazu „muster“ und „vorbild“ 167 „Dic ganze europäische Jurisprudenz ist in das Gewand des römischen Rechts gekleidet worden, dessen Rechtsgrundsätze und Hauptvorschriften zu allgemeinen Rechtsprinzipien erhoben worden sind, deren Giiltigkeit nicht bezweifelt warden konnte.“ Auch in Schweden ist, nach Nordling, die historische Bedeutung des römischen Rechts fiir die Entwicklung des schwedischen Rechts auf diese Weise in eine ontologische Notwendigkeit verwandelt worden. Nordling verhielt sich jedoch äufierst kritisch gegeniiber diesem Argument fiir die Erhaltung des römischrechtlichen Studiums, denn das „römische Recht kann nach unseren Gedanken nicht direkt als juristische Enzyklopädie dienen; noch weniger soil es in eine solche umgebildet werden“.'* Wie bereits friiher erwähnt, ist ein bedeutender Teil von Nordlings Verteidigung des römischen Rechts von einer scharfen Kritik auf die gängige Art dieses Each zu studieren begleitet. Nordling unterwarf das von den Naturrechtslehren geprägte Studium des römischen Rechts einer eingehenden und sehr kritischen Priifung. Er hatte bereits anfänglich hervorgehoben, dafi es nur innerhalb eines sehr begrenzten Bereichs des Rechts möglich ist, systematische Einheit mit Hilfe des römischen Rechts zu schaffen, namlich in einigen Teilen des zivilrechtlichen Vermögensrechts. In den iibrigen Gebieten des Rechts, z. B. imFamilienrecht, erscheint dies bereits auf den ersten Blick als eine Sinnlosigkeit. Nicht einmal im Bereich des zentralen Vermögensrechts vermochte, nach Nordlings Ansicht, das römische Recht die naturrechtlichen Anforderungen an eine wissenschaftliche Rechtsordnung zu erfiillen; das römische Recht „besitzt in sich nicht die Konsequenz und Widerspruchslosigkeit, oder die Freiheit von erstarrtem Formalismus, daft seine Bestimmungen als allgemeingiiltige Rechtsregeln gelten könnten“.'^ In diesem Zusammenhang verwandte Nordling ein an sich sehr interessantes Beispiel; er versuchte eine offenbare Kollision zwischen Rechtsprinzipien imrömischen Recht mit Ausgangspunkt in der Systemauffassung der Naturrechtslehre zu analysieren. Im römischen Recht meint man, dafi die Ubertragung des Eigentumsrechts an einem Ding— sowohl dutch mancipatio und in jure cessio als auch dutch Tradition — dutch die Sentenz „nemo plus juris ad aliumtransferre potest, quamipse habuit“ geregelt ist. Dieser Rechtsgrundsatz scheint sowohl Erwerb mit bona fides als auch Ersitzungsinstitute auszuschliel^en. Imrömischen Recht kommt jedoch ein Rechtsinstitut vor, das als eine Art Ersitzung bezeichnet werden mufi, die sog. usucapio. Dies ist, stellte Nordling fest, auf dem Niveau des positiven Rechts völlig akzeptabel, aber gleichzeitig in der naturrechtlichen Systematik völlig verwerflich. Die Erklärung der Naturrechtslehrer zu dieser Inkongruenz im römischen Recht bedeutete imallgemeinen, dafi die Ersitzung aus demSystemdes NaturA. a. O. ibidem. A. a. O. ibidem. A. a. O. S. 706 f. 12

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