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85 Das Verhältnis zwischen Dekalog und Strafrecht und die sozialethische Aufgabe des Fiirsten. LIEBESGEBOT maximalistische Ethik (unerreichbar) des Dekalogs A fordern Handlungen, die auf das Gebot der Liebe ausgerichtet sind 7 2 Belohnungen und Strafen Die wegen der geschwächten sittlichen Urtellskraft des Menschen notwendigcn Mittcl 2 1=.- garantieren ein annehmbares sittliches Minimum V minimalisiische Ethik (erreichbar) GESETZE DES STRAFRECHTES Ein weiterer allgemeiner Gedanke sei hier hervorgehoben. Der Komplex von Lohn und Strafe ist schon in den Fiirstenspiegeln des Mittelalters ein stehendes Thema. Dies wird in der modernen Literatur zwar am Rande bemerkt, aber nicht gebiihrend beriicksichtigt.'^ Der Grundsatz war seit vielen Jahrhunderten ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung der fuhrenden Schicht. Er enthielt die iibergreifende Klassifikation von der öffentlichrechtlichen Aufgabe des Fiirsten, die sozialethisch begriindet war. Das von den Stoikern und den scholastischen Moraltheologen entwickelte System hat Hans Reiner als sanktionistischen Eudämonismus bezeichnet (Die philosophische Ethik), und zwar, weil hier zwei Handlungsmotive: Liebe und Pflicht, verkniipft werden. In der vorliberalen Gesellschaft lag zwischen diesen beiden Begriffen die Freiheit des einzelnen Menschen. Definiert mit Ausgangspunkt von der einheitlichen Grundauffassung der evangelisch-lutherischen Kirche, war die Freiheit gleichbedeutend mit Gliickseligkeit, oder wie es der geheime AusschuB ausdrtickte: ,,ein Gesetz nach Gottes Wort”.^° Freiheit bestand in der Ubereinstimmung mit dem Wort, und gröfiere Abweichungen von Gottes Wort wurden mit Strafe belegt. Das Tugendsystemwar ein integrierter Teil in der Rechtstheorie der vorliberalen Gesellschaft. Der Inhalt des Rechtssystems waren die Tugenden und vor allem die Verwirklichung der Liebe in der Gesellschaft. GemäE der nicht-sakularisierten Begriffswelt jener Zeit ist Freiheit letzten Endes ein Leben in vollständiger Harmonie mit den Geboten der Liebe, so wie man sie auslegte. Freiheit war ein Leben in Gliickseligkeit in dem Sinne, dal? es ein Leben ohne Siinde Buschmann E. ,,Ministerium Dei - idoneitas” in: Historisches Jahrbuch 1963, S. 100 ,,Etwas den Ftirstenspiegeln besonders eigentiimliches, . die langen Passagen iiber Lohn und Strafe. Siehe oben an die Anm. 6.

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