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84 den letzteren wird das Bose noch schlimmer”.'^ Das Bose ist nach Lagercrantz die stärkste Triebkraft des Menschen, es wiirde unmittelbar iiberhand nehmen, wenn nicht das Strafrecht hindernd wirkte. Dieselbe Ethik liegt der knapperen Formulierung bei dem gutbekannten Kommentator des römischen Rechts, Mathias Wesenbecius, zugrunde: „Die Menschen sollen zur Tugend sowohl durch Furcht vor Strafe als auch durch Ermunterung mit Belohnungen genötigt werden”.'^ Der Jurist und Naturrechtslehrer aus Flamburg, Johannes von Felden, sieht die Siinden in psychologischer Perspektive. Der Mensch neigt dazu, das Beschwerliche und Miihsame imLeben zu vermeiden. Dagegen neigt er dazu, den Genufi zu suchen. Aus diesen beiden Neigungen werden verschiedene Siinden oder Verbrechen geboren. Die staatlichen Mittel der Belohnung und Strafe richten sich auf jede einzelne dieser Neigungen. Belohnungen, die der Fiirst austeilt, sollen den Menschen dazu bringen, Schwierigkeiten zu ertragen und nicht vor ihnen zu fliehen. Die Strafen andererseits sollen den Menschen daran hindern, den Genufi zu suchen. Das geschieht durch den Schmerz, den die Strafe verursacht. Fin Schmerz also, der dem die Lust suchenden Sunder den Genufi vergällt.'^ Bei diesen Schriftstellern sind Lohn und Strafe die fiir den Fiirsten dienlichen Mittel im Dienste der sozialen Disziplin. Aber hier läfit sich noch ein weiterer Zug wahrnehmen, nämlich die Verkniipfung mit demHauptaxiomdes Naturrechts in der scholastischen Theologie: Tu das Gute und meide das Bose (bonum est faciendum, malum est evitandum). Dies Gebot, das u.a. fiir Thomas von Aquino als das oberste Gesetz imSystemdes Naturrechts gait, stand in unmittelbarem Zusammenhang mit den Geboten der christlichen Liebe. Es war dies ein fiir alle Menschen unmittelbar und selbstverständlich giiltiges Gebot a priori. Die Liebesgebote waren eine konkrete Ausfiihrung zum Begriff des Guten, eine Erfiillung die uns mit der christlichen Offenbarung gegeben ist. Belohnungen sind unmittelbar auf das Gute ausgerichtet und suchen es zu fördern. Die Strafe hat zw'ar denselben ethischen Zweck, wirkt aber nur indirekt. Der direkte Zweck der Strafe ist es, das sittlich Bose zu verhindern. Lohn und Strafe waren demnach die Mittel des Fiirsten, das Hauptaxiomdes Naturrechtes zu fördern, das im Prinzip den gleichen Inhalt hat wie das Gebot der christlichen Liebe. Wir finden diese Verkniipfung bei Wesenbecius: Lohn und Strafe sind die Mittel zur Förderung des Guten und zur Verhmderung des Bösen gemäfi dem genannten Axiom.'* Auch diese Ansicht diirfte gang und gäbe gewesen sein. Handschrift F 258 in Uppsala Universitätsbibliothek (UUB). Commentarii etc. (1629) S. 8 (D) ,,Et metu poenarum et praemiorumexhortatione homines bonos afficiendos”. Elementa luris Universi, Francofurti 1664, S. 1411. Wesenbecius a.A. Lib. I, Tit. I (S. 8). ut Psal. 34 v. 15. Declina a malo et lac bonum. Esai. 1, 16. Definite agere perversa et discite benefacere. Et ut ad nos revertamur, non longe bine abludit Ulp. cumait . . . Et metu . . ,, (Siehe Anm. 16 oben).

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