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70 Akzidenz, die nie in der Lage ist, sich auf der Substanz der Beziehung niederzuschlagen. Neben — und hinter — der Einfacheit gibt es eine zweite typisierende Linie des neuen Eigentums: die Abstraktheit. Eine reine Beziehung nicht von Fakten geschwächt, wenn auch normalerweise aufgrund der ihr eigenen extroversen Ladung den Fakten aufgeschlossen, inhaltsleer, perfekt diesen abstrakten Individuum kongenial, ohne Fleisch und Knochen, das sich mit gleichemSchritt als determinierender Moment der Biirgerlichen Interpretation der sozialen Welt definiert. Und es zeichnet sich als höchste Idee ein dominium sine usu ab, umgedrehte Version des alten dominium utile, wo ein dominium als Wille, als animus gesehen wird und sich von den Fakten des täglichen Lebens ablösen und immunisieren kann. Das juristische Projekt enthiillt am Ende seine wissende und raffinierte Struktur: auf der Rechtsebene wurde es demneuen homo oeconomicus iibergeben - einer abstrakten Figur - einem flexiblen Instrument in seinen höchsten Werten legitimiert und von Aufien unangreifbar, fiir die friihen mittelalterlichen Lösungen ideologisch unnahbar, weil Frucht jenes Komplexes synchronischer Kräfte, die die moderne Kultur und die moderne juristische Erfahrung darstellen. Das Eigentum: ein Institut in der Mitte des Projektes. Es selbst ist Herz und Substanz des Projektes. Hier hat die mittelalterliche und aktuelle Besessenheit fiir den Minimalinhalt keinen Sinn, das ist ein Problem fiir die beschränkten dinglichen Rechte, von denen jedes sein Biindel erdgebundener Okonomität trägt, aber es hat kein Daseinsmotiv fiir eine so entfleischte Einheit. Auch das Postulat von der Körperlichkeit des Objektes, das die römischen Griindungen und romanistischen Traditionen festmauern wollten, auch diese nur schwer auszurottende Annahme der westlichen juristischen Geschichte muB von der neuen Metaphysik des Eigentums verdrängt w'erden. Die tiefen Ursachen — iiber die wir gesprochen haben — einer notwendigen Ankniipfung zwischen Subjekt und physischer Welt, die die mittelalterliche Jurisprudenz davon fiberzeugten, förmlich und in der Substanz die alte antike Regel zu respektieren, lösen sich allmählich auf, als der Topos des dominium sui sich ausbreitet. Ein Mechanismus der Selbstkontrolle genereller Dominanz, der in das streng juristische Eigentumsschema zuriickgefiihrt wird und hauchdiinne Realitäten als Tugend und Talent von Personen zumObjekt hat. Es ist eines der grofien Diskussionsthemen der Juristen des 16. Jhdts. in einer Doktrin, die die Weite und die Kontraste des Quadrivium fiihlt, in das sie sich natiirlich einfiigt: es reicht hier, den Hörer auf den ermiidenden Kommentar Marianus Socinis des Jiingeren zu der L. Naturaliter zu demTitel ,de acquirenda possessione' des Digesten zu verweisen, ripetitiv, langatmig, gequält, voller Unsicherheiten und Vorgefiihle.'*- Es wird noch lange brauchen die JuristenVon Mariano Socini demJiingeren (1482-1556) siehe in Commentaria (Venetiis, 1575) die interpretatio in § Nihil commune, 1. Naturaliter, ffde acquirenda possessione (D. 41,2, 12, 1).

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