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21 auf die Eideshilfe im Prozefi, auf die soziale Unterstiitzung oder die Sicherung des Erbes fiir die Familie eines Gildebruders auswirken können, aber auch die kultische Sorge fiir die Toten umfassen. Ebenso folgt daraus die Friedenspflicht. Die Gröfie und Institutionalisierung des Verbandes fiihrt zur eidlichen Festlegung und Verwillkiirungvon genauer formulierten materiellen Rechtsregeln und der Unterwerfung unter eine Gildegerichtsbarkeit zur Sicherung ihrer Einhaltung. Dadurch wird die Gilde zu einemRechtskörper ganz eigener, oft von der Seite der Flerrschaft als bedrohlich oder gar aufriihrerisch empfundener Art. Die bruderschaftliche Form der Verbandsbildung ist also, wie schon ihr Name sagt, von der Ebene der Mitglieder, der Gildegenossen her geformt und bedarf als solcher keiner herrschaftlichen Stiftung, hat vielmehr die Ansätze zur Ausbildung einer autonomen Körperschaft schon in sich. Sie kann sich freilich dort ambesten entfalten, wo ihr Rechte (libertates) und Autonomie obrigkeitlich zugesichert werden. Das ist vorkommunal bei den Kaufleutegilden, innerhalb der Kommune bei den städtischen Gilden und Ziinften der Fall. Hier verbinden sich von der Obrigkeit her gesehen das Prinzip der Privilegsgenossenschaft mit dembruderschaftlichen Prinzip der Gildeform. Die vorangehenden Ausfiihrungen zeigen, dafi eine voll durchgefiihrte, scharfe analytische Trennung in soziale, religiöse und rechtliche Beziehungen innerhalb der Gilde an eine Grenze stöftt, ist doch eine Ausdifferenzierung dieser Aspekte in der Form der Gilde selbst nicht vorgegeben. Vielmehr beruht die Rechtsbindung, der weitgehend kein obrigkeitlicher Durchsetzungszwang zur Seite steht, gerade auf der sozialen Verbindlichkeit des Vorbildes der Verwandtschaft und der religiösen Verbindlichkeit des Eides. Die analytisch förderliche Trennung der Aspekte erfordert darum zur Erfassung dieser Beziehungen von sich aus eine Ergänzung durch die verstehende Deutung als einheitliche Lebensform. Eine funktionale Betrachtungsweise kann schliefilich den Wandel der vorstädtischen Genossenschaften zu jenen nach Errichtung und Uberlagerung durch die Stadtkommune im 12. Jhdt. am besten erklären. Mit der Stadtkommune legt sich ein iibergreifender Eidesverband iiber die innerstädtischen Gruppen, bzw. die Griindung erfolgt schon innerhalb dieses Verbandes. Die Biirgerschaft als communio jurata wird nun zum Bewahrer und Garant des Friedens innerhalb des Personenverbandes der Burger. Zu diesem Zweck beansprucht und erlangt sie obrigkeitliche Rechte, etwa Gerichtsbarkeit, Wehrhoheit, aber auch die Steuerhoheit. Sie sichert nun ein gewisses Mafi an sozialer Fiirsorge, ebenso regelt sie die Berufsausiibung. Der Biirgerverband nimmt also den gildeförmigen Gruppen einen Teil ihrer Funktionen ab.’^ Andere, die mit der sozialen Ndhe eines kleineren Verbandes verbunden sind - bestimmte Diese, die Stadt seit dcm 12. Jhdt. bcherrschende Konzeption habe ich ausgefiihrt in; Zum Burgcrbegriff im spiiteren Mittelalter, in: j. Fleckenstein u. K. Stackmann (Hg.), Uber Burger, Stadi und städtische Literatur imSpatmittelalter (Abh. Akad. Wiss. Göttingen) 1980, S. 59-105.

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