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20 pen widerstreben aber dem Austauschprinzip des Marktes in der Markt- und Stadtsiedlung und werden deshalb zunehmend abgebaut, wahrend sie strukturähnlich auf dem Lande bis in die Zeit der liberalen „Bauernbefreiung” iiberdauern. b) Die privilegsrechtlichen Nutzungsgenossenschaften, die iiber das Recht genossenschaftlichen Nutzens des Bodens hinausgehen, dienen der rechtlichen Freistellung und Bevorrechtigung handeltreibender Menschen in der vorstädtischen Periode innerhalb der Agrargesellschaft. Durch das Interesse von König, Adel und Kirche um Handel werden solche Privilegierungen veranlafit. Sie stellen also eine durch einen obrigkeitlichen Rechtsakt geschaffene neue Form der Rechtsgenossenschaft dar, die die alten statischen Genossenschaften sprengt und sich auch nicht auf einen geburtsständisch abgegrenzten Bereich von Menschen fixieren läfit. Sowohl in der Form (Privilegserteilung), wie im Gegenstand (Verleihung des Reiserechts und des Rechtes des Handelskaufes) wie in den Adressaten (wechselnde, nicht geburtsständisch abgegrenzte Menschengruppen) erweist sich diese Rechtsgenossenschaft als beweglicher denn die vorgenannte. Die Verbindung des Handels zur handwerklichen Produktion, der Kaufleute zu den Handwerkern und die zunehmende Ausdifferenzierung fiihren dann zur Ausdehnung des genannten Prinzips auf die Nutzung eines Zweiges der handwerklichen Produktion (Begriindung handwerklicher Ziinfte); andere Gewerbe werden dagegen in der Gesamtnutzung der Burgerschaft belassen. In dieser Phase wird die Privilegierung von Gruppen in Bezug auf berufliche Tätigkeitsfelder in zunehmendem Mafie nicht mehr von König und Stadtherrn, sondern von dem Rat als Repräsentationsorgan der Burgerschaft iibernommen. Die Einfiigung innerstädtischer rechtsgenossenschaftlicher Gruppen (Gilden und Ziinfte) in die iibergeordnete Stadtkommune entspricht also demUbergang von der vorgemeindlichen zur kommunalen Stadtverfassung. Die genannten Privilegsgenossenschaften sind als solche obrigkeitlich gestiftet, sie lagern sich aber häufig nur iiber einen schon vorhandenen Verband. c) Dieser Verband hat zumeist bruderschaftlichen Charakter, d.h. er ist der engsten (nicht patriarchalischen!) Beziehung unter Verwandten nachgebildet. Der bruderschaftliche Charakter solcher Verbände findet sich seit den ältesten vorkommunalen Verbindungen stets.mit der Gildeformverbunden. Da es sich im Gegensatz zur Verwandtschaft um einen kiinstlichen, „gewillkurten” Verband handelt, bedarf er besonderer Mittel zu seiner Konstituierung und Erhaltung. Diese Mittel gehören ebenso dem Sozialen, dem Religiösen wie dem Rechtlichen an. Zu ihnen gehören Gemeinsamkeit von Trunk und Mahl, von Fest und Kultausiibung und Totenmemoria. Konstituierend ist der gemeinsame Eid (conjuratio, communio jurata) als die festeste Form religiös-rechtlicher Bindung. Folge aus dieser Formder Vergemeinschaftung ist die sippenähnliche Schutz- und Rachepflicht, umfassende Hilfspflichten, die sich sowohl

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