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16 geformt sind. Ihre genossenschaftliche Struktur zeigt sich in den Bezeichnungen socii, concives, in Erbrecht wie Gerichtsverfassung. Da die Genossenschaften durch Geburt, Besitz, Herrschaft vorgeformt sind, bleibt fiir eine „freie Einung” kein Raum. b) In die Zeit der Ausbildung einer Ortsgemeinde im Umfeld der Stadt Köln fiihrt das Niedericher Weistumvon ca. 1100, das die Verbindung lokaler mit personalgenossenschaftlichen Elementen der Gemeindebildung zeigt. Der Niederich ist eine Nachbarschaftsgemeinde, die demnächst innerhalb der Kölner Stadtgemeinde an der stadtischen Entwicklung teilnehmen sollte. Gegeniiber den zuvor untersuchten Wormser Verhältnissen stellt sie eine neuere Entwicklungsstufe zur Stadt dar, ohne jedoch die Verbindung zumländlichen Bereich schon aufgegeben zu haben. Die genossenschaftliche Verbindung der cives des Niederich beruht auf traditionellen Elementen: Gericht, Bodenbesitzrecht, Pfarrgemeinde. Es besteht aber daneben eine Communio der Burger mit Mitgliederverzeichnis und der Wahl von Amtsträgern, also eine auf persönlicher Mitgliedschaft, nicht auf vorgeformten Strukturen beruhenden Gemeinschaft, die Verbindungen zur Form der fraternitas und Gilde zeigt. Ein Wandel in den Grundlagen der sozialen Gruppenbildung imUmfeld der Stadt ist damit gerade durch diese Quelle erfaftt. c) Das Gandersheimer Vogtweistumvon 1188 zeigt die genossenschaftliche Organisation der Bevölkerungsgruppen an einem Marktort in der Sicht der an der Gerichtshoheit interessierten geistlichen Herrschaft.Gandersheim ist eine der aus mehreren Siedlungskomplexen verschiedener Rechtsstellung hervorwachsenden mittelalterlichen Städte. Dementsprechen Bewohner verschiedenen Rechtsstatus: Hörige Zinsbauern, Hofhandwerker, aber auch freier gestellte Markbewohner und schliefilich Berufskaufleute. Unter Durchbrechung der sonstigen getrennten Gerichtsunterworfenheit unterstehen sie alle der Marktgerichtsbarkeit fiir Fragen des auf dem örtlichen Markt getätigten Handels: Ein Zeichen daftir, wie der Handel die traditionellen, auf Grundherrschaft und persönlicher Unfreiheit gegriindete Gruppenbildungen aufsprengt. d) Die Betrachtung der Entwicklungvon Goslar im 12. und friihen 13. Jhdt. zeigt schliefilich, deutlicher als bei Stadten mit dynamischerer Entwicklung, das langsame Zusammenwachsen genossenschaftlicher Gruppen aus urspriinglich verfassungsmäfiig getrennten Siedlungskörpern, denen auch verschiedene Berufsstellungen entsprechen (Ministeriale, Kaufleute, Berg- und Waldleute, Handwerker).*^ Die unterschiedlichen bodenbesitzrechtlichen, berufsprivilegierenden und ständischen Rechtsstellungen können nur in einem langen, spannungsreichen Prozefi in die biirgerliche Stadtgemeinde eingefiigt werden. a.a.O. S. 83 ff. Edition in; Th. Buyken und H. Conrad (Hg.), Die Amtleutebiicher der Kolnischen Sondergemeinden, 1936, S. 221. a.a.O. S. 86 ff. Edition in Gerhard Kallen, Probleme der Rechtsordnung in Geschichte und Theorie, 1965. ” a.a.O. S. 88 ff, vor allemmit Bezug auf K. Fröhlich wie dort zit.

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