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Notker Hammerstein und dieser Punkt leitet vomÄuBeren schon zum eher Inhaltlichen iiber — der Naturrechts-Unterricht oder der im Jus publicum universale erschien auch an katholischen Universitäten zunehmend als Teil propädeutischer Anstrengung angehender Juristen. Indem die realen Bediirfnisse, die konkreten Inhalte der juristisch-cameralistischen Disziplinen an Gewicht gewannen, die Möglichkeit erneuerter Jurisprudenz insgesamt akzeptiert worden war, die Ubernahme „protestantischer“ Vorbilder nicht mehr schockierend oder hochgefährlich — je nach Einstellung — angesehen wurde, war diese grundlegende Disziplin nicht mehr so zentral. Sic miindetc sozusagen in gewohnte Bahnen normalen „Unterrichts“ ein. DaB Pufendorf’s Naturrechts-Vorstellungen den katholischen Universitaten willkommener waren, kongenialer erschienen als z.B. die aus dem Umkreis der Thomasius Schule lag nun —um nun einen eher „inneren“ Grund fiir diese Rezeption zu nennen — an dem stärkeren absolutistischen Einschlag dieser Auffassung. In gewisser Weise kann ja die Situation in den katholischen Territorien der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der protestantischen im späten 17. und friihen 18. vergliechen werden. Das Zuriickdrängen kirchlichen Einflusses auf die weltlichen Seiten der Gemeinwesen, die Betonung praktischer Notwendigkeiten, die Anstrengungen zu innerweltlicher Gliickseligkeit verlangten den starken Fiirsten, der in einem legitimierenden Gottesgnadentum die (ge-) rechte Oi'dnung durchzusetzen vermochte. Auch der nunmehr aufgeklärte Fiirst sollte dieser Grundvoraussetzung im katholischen Reich nicht entraten, Pufendorf bot dafiir die iiberzeugendern Argumente. Die „historisierende“ Komponente des Thomasischen Naturrechts, die stark mundane Begriindung der Wissenschaften, die darin recht aufgeklärte, so wenig geistliche Haltung dieser jiingeren Halleschen Schule — all das vertrug sich ferner mit dem auf Normen angewiesenen katholisch-aufgeklärten Weltverständnis nicht so gut, wie dieein wenigälterePufendorf’sche Lehre. Da auch sie die notwendigen innerweltlichen Begriindungszusammenhänge und Handlungsmaximen garantierte, die Stellung der weltlichen Herrschaft stärkte, auf ein verniinftiges Arbeitsethos verpflichtete, und sie zudem kurz, angesehen und „modern“ war, bot sie sich als die beste Lösung an. Indem sie ferner in weiteren katolischen Ländern Europas rezipiert worden war, beförderte auch dieser ihr grenziibergreifender Charakter die Ubernahme. So läCt sich abschlieBend ein wenig verkiirzt formulieren, daB die Funktion, die an protestantischen Universitäten das Jus PublicumRomano-Germanicumeingenommen hatte an katholischen Universitäten auch das Naturrecht bzw. das Jus Publicumuniversale behielten. Beidewaren sie Leitwissenschaften bei der Reform der Universitäten im aufgeklärt-innerweltlichen Sinn. Natiirlich kamen weitere Momente als jeweils höchst wichtige hinzu. 50

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