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Horst Denzer 28 stiihlen verfolgen. Den ersten Lehrstuhl fiir Natur- und Völkerrecht hat bekanntlich Pufendorf an der Heidelberger Universitat erhalten. Die Umstände dieser Berufung-^ erhellen, welchen Platz an der Universität Pufendorf fiir sich als sinnvoll erachtete, welche Position von der akademischen Tradition her möglich war und von welchen Zufälligkeiten eine Berufung abhängen konnte. Sinnfällig daran wird auch, wie wenig die Struktur der damaligen Universitaten, die Verteilung und Widmung der Lehrstiihle trotz vorhandener Statuten festgelegt war und wie sehr sie auf personelle Gegebenheiten noch zugeschnitten werden konnte, Kurfiirst Karl Ludwig von der Pfalz bot Pufendorf zuerst eine Professur fiir römisches Recht an. Pufendorf lehnte ab, weil er seiner eigenen Darstellung nach keine Lust hatte, den 999 Institutionenkommentaren einen tausendsten hinzuzufiigen; die Abneigung gegen Wissenschaft als bloBe Uberlieferung der von Autoritäten bestimmten Tradition ist zu spiiren. Wohl fiihlte er sich aber auch im römischen Recht nicht genug sattelfest, noch seinen wissenschaftlichen Ambitionen nach angemessen aufgehoben. Pufendorf präsentierte nun dem Kurfursten seine eigene Wunschvorstellung: ein Lehrstuhl fiir Politik in der Rechtsfakultat. Er brachte damit zum Ausdruck, daB er einerseits sein Naturrecht unter den traditionellen Lehrgegenständen am besten in der Politik placiert wahnte und andererseits nicht auf die höhere Dotation und akademische Geltung in der Juristenfakultat verzichten wollte. Die Universität wehrte sich und soweit reichte ihr Selbstverwaltungsrecht, daB sie sich gegen den kurfiirstlichen Hof durchsetzen konnte. Sie wehrte sich, weil Pufendorfs Wunsch einen Bruch mit dem hergebrachten Wissenschaftssystemund mit der traditionellen Lehre sowohl der philosophia practica als auch der Jurisprudenz bedeutet hätte. Die Berufung 1661 durch den Kurfiirsten auf ein neugeschaffenes Extraordinariat fiir Völkerrecht und Humaniora in der philosophischen Fakultat trägt dann alle Zeichen eines Kompromisses. Pufendorfs Interesse am Natur- und Völkerrecht wurde ebenso beriicksichtigt, wie seine Einbindung in die traditionelle Lehre versucht. Einmal in der Universität seBhaft, gelang es Pufendorf bald, die Stelle in eine ordentliche Professur fiir Natur- und Völkerrecht ebenfalls in der philosophischen Fakultät umzuwandeln. Er hatte aber nicht aufgegeben, doch noch an die gröBeren Fleischtöpfe in der Rechtsfakultät heranzukommen. Er spiirte, daB das Jus publicum der Ansatzpunkt war, mit seinemNaturrecht in die juristische Fakultät einzuziehen, und er betätigte sich folgerichtig auf diesem Gebiet. Aber Pufendorfs Naturrecht und die Universitätsjurisprudenz waren zu Wichtigste Quelle ist Pufendorfs eigener Bericht in ,,Eris scandica*', S. 70 f., daneben „De jure naturae et gentium", Vorrede an den Leser und Gundling, Collegium Historicoliterarium (Anm. 19); wenig hilfreich: Urkundenbuch der Universität Heidelberg, Bd. 2, Reg. 1692; siehe auch: Leonard Krieger, The Politics of Discretion. Pufendorf and the Acceptance of Natural Law, Chicago 1965, S. 19 f.

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