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„EntiaMoralia“ das beschrieben, was Pufendorf als „ens physicum“ ansah: Der „Akt“ ist ein „auOerlicher Tatbestand“,^ ein „in Zeit und Raumablaufendes, sinnlich wahrnehmbares Geschehen, ein Stuck Natur und als solches kausalgesetzlich bestimmt“.‘* So wie bei Pufendorf zu den „entia physica“ die „entia moralia“ hinzutreten, so tritt bei Kelsen zu dem „Sein“ der „Sinn“.® Was bei Kelsen den „Tatbestand zu einem Rechts- (oder Unrechts-) Akt macht, das ist nicht seine Tatsachlichkeit, nicht sein natiirliches, das heifit kausal-gesetzlich bestimmtes, im System der Natur beschlossenes Sein, sondern der objektive Sinn, der mit diesem Akt verbunden ist, die Bedeutung, die er hat“.® Die Bedeutung, der Sinn, der bei Kelsen dem Akt verliehen wird, entspricht bei Pufendorf der Begriff der „entia moralia“. Insoferne wird bei beiden Autoren ein gewisser Dualismus durchgehalten, mag es sich einerseits um „entia physica“ — „entia moralia“" und andererseits um „Sein“ —„Sinn“®handeln. Gemeinsam ist beiden Theorien, daB es den Akt der Sinnverleihung gibt. Pufendorf spricht von der „impositio“,^ Kelsen von der „Deutung“. DaB es die „Deutung“ ist, die den „Sinn“ verleiht, wird von Kelsen ausdriicklich festgehalten: „Das Urteil, daB ein in Raumund Zeit gesetzter Akt menschlichen Verhaltens ein Rechts- (oder Unrechts-) Akt ist, ist das Ergebnis einer spezifischen, namlich normativen, Deutung.“.^® Damit öffnet sich aber auch der Konstruktionsunterschied zwischen der „Reinen Rechtslehre“ Kelsens und der Lehre von den „entia moralia“ Pufendorfs, wobei meiner Ansicht nach die Pufendorfsche Konstruktion die semantisch elastischere ist. Während namlich der Begriff der „impositio“ bei Pufendorf die Norm nicht voraussetzt sondern davon unabhängig ist, wird bei Kelsen die 3 RRL 3. ^ RRL 3. ® RRL 2 „Der subjektive und der objektive Sinn des Aktes; seine Selbstdeutung“. » RRL 3. ’ S. Pufendorf, De jure naturae et gentium, 1972 (1744), I 1 § 3 „Exinde commodissime videmur entia moralia posse definite, quod sint modi quidam; rebus aut motibus physicis superadditi ab entibus intelligentibus, ad dirigendam potissimum et temperandam libertatem actuum hominis voluntariorum, et ad ordinem aliquem ac decorem vitae humanae conciliandum. Modus dicimus.“ ® H. Kelsen, Allgemeine Theorie der Normen, 1979 (posthum), 44 „Die Modi des Seins und des Sollens und das modal indifferente Substrat“, 45 „Da Sein und Sollen Formen oder Modi sind . . .“ * S. Pufendorf, a.a.O. § 4 „Porro uti modus originarius producendi entia physica est creatio; ita modum, quo entia moralia producuntur, vix melius possis exprimere, quam per vocabulumimpositionis.'" RRL 3. 143

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