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AlfredDufour 112 Noch deutlicher, wenn nicht lehrreicher erscheint Pufendorfs Einwirkung auf die Rechtsphilosophen und -gelehrten der westschweizerischen Naturrechtsschule, die in Nordamerika einen grossen Einfluss ausiiben werden: so bei dem Genfer Burlamaqui, der in seinen „Principes du Droit politique“ aus demJahre 1751 schlicht und einfach behauptet: „La société humaine est par elle-meme et dans son origine une société d’Sgalite et d’indépendance“ Man könnte auch den Neuenburger Vattel zitieren, der in den „Preliminaires“ seines „Droit des Gens“ aus dem Jahre 1758 als allgemeine Ansicht anfiihrt: „0« prouve en Droit naturel que tons les hommes tiennent de la Nature une Liberté et une Independance qidils ne peuvent perdre que par leur consentement“ Endlich bezeugen die Beiträge von Diderot zur „Encyclopedie“ in den Artikeln „Autorité politique“, „Société“ und „Souverains“, einen ähnlichen pufendorfschen Einfluss: ,,L’bomme dans I’etat de la nature —so fiihrt Diderot am Beginn seines Artikels ,Souverains‘ an —ne connait point de Souverain; chaque individu est égal a un autre et jouit de la plus parfaite independance. Es werden aber bei den gleichen Autoren nicht nur die Schilderung der Vorteile des Naturzustandes, sondern auch die Hervorhebung seiner Nachteile von Pufendorf iibernommen. Wenn hier auch allgemein von Locke bis zu Burlamaqui angenommen wird, dass der Naturzustand kein ziigelloser Zustand ist, dass es sich vielmehr um einen durch das Naturgesetz geordneten Zustand handelt — „Though this be a state of liberty'', unterstreicht z.B. Locke, „yet it is not a state of license . . . the state of nature has a Law of nature to govern it"^^ —, so kennzeichnet sich doch dieser Zustand durch rechtliche Unsicherheit aus Mangel an anerkannten Schiedsrichtern und an einer starken Macht fiir die Gewahrleistung der Arbeitsfriichte, sowie durch gegenseitige Furcht und wachsende Bediirfnisse.®* Was hier Pufendorf in seiner Kurzfassung 1673 darstellt, wird einerseits von Locke im 9. Kapitel seines erwähnten „Treatise“ meisterhaft entwickelt werden®-, andererseits —wie schon angefuhrt —von Blackstone in seinen Vgl. J. J. Burlamaqui, Principcs du Droit politique, Genf 1751, t.l, le P., ch. Ill, § II. Vgl. E. de Vattel, Droit des Gens, Londres 1758, The Classics of International Law, ed. by J. Brown Scott, 3 vols, Washington 1916, Bd. 1, Preliminaires, § 4, S. 2. "* Vgl. Diderot, Oeuvres completes, ed.cit. (44), Bd. 17, Paris 1876, S. 166. Vgl. J. Locke, Op.cit., (72), ch. 2, § 6, in princ., ed. cit., S. 341. Vgl. J. Locke, Op.cit., ch. 9, §§ 123—127, ed.cit., S. 411 ff. Siehe Pufendorf, De Officio Hominis et Givis, II I/§ 9; II/V/§ 7. Vgl. Op.cit., loc.cit. 80 82

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