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In wie starkem Masse der Tote bei der Vorladung als lebendes Wesen aufgefasst wurde, geht iiach Heuslers Meinung aus der Dropl., S. 156, hervor. Dort wird berichtet,^^’ wie Flosi den toten Arnorr znr L'nheiligkeit vorladen will nnd dabei init einein Gel'olge von 120 Mann auftritt, als ob die Vorladiing eines Toten nicht weniger gefährlich sei als die Vorladung eines Lebenden. Das starke Aiit'gebot diirfte jedoch, wie wir schon hervorgehoben baben,'*’^ dadurch zn erklären sein, dass man sich nicht niir vor dem toten Arnorr. sondern anch vor der Sippe des Toten fnrchtete. Im norwegiscben, schwedischen und diinischen Recht wird nirgends eine ^’orladung des Toten erwiihnt nnd ein solche ist wohl aiich nicht stillschweigend voransgesetzt. Insofern der Totschläger den Toten zuni Thinge brachte^* oder das Thing zii deni Platz znsammcngerufen wurde, an dem der Tote lag, musste ja auch eine solche Vorladung unnötig gewesen sein. Der Grund dafiir, dass — im Gegensatz zu dem norwegischen, diinischen und schwedischen Recht —nach isliindischem Recht der Tote vorgeladen wird, scheint darin zu liegen, dass man hier das in den anderen nordischen Rechtssystemen iibliche Handhaftverfahren nicht kennt. Diesem Handhaftverfahren zufolge wird der Angeklagte nicht vorgeladen, sondern von demjenigen, der ihn ertappte, zum Thing gebracht und zwar gleichgiiltig, ob der Ertappte erschlagen oder am Leben ist. d. Die Initiative zur Einleitung des Verfahrens Wenn man die Frage diskutiert, wer das Recht oder die Pflicht zur Einleitung des Verfahrens hat, wenn eiu Totschläger geltend macht, dass der von ihmbegangene Totschlag straflos sei, muss man die Tatsache beriicksichtigen, dass der Totschlag zu zwei verschiedenen Prozessen Anlass geben konnte, niimlich einmal zu dem Prozess des Totschliigers gegen den Erschlagenen und zum anderen zu dem Prozess, den der Erbe des Toten gegen den Totschläger fiihren kann. Die Diskussion dariiber, wem das Initiativrecht zukommt. Vorladung, Unheiligkeitserklärung und das \’erfahren hei Tolschlagsverkiindiguug durcheinandergeworfen worden sind. *0 Siche .S. 147 f. Siehe S. 147. Vgl. .Scherer, S. 8.',. 14<)ff. 178

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