RB 44

49 pothese, die Erklärung nur waiter zuruck“d^’ Nach Schelling fuhrte dies dazu, dafi die Geschichte, auch nach der kopernikanischen Wende in der Philosophie, eine Erkenntnisart verblieb, deren Existenz vorwiegend auf deren pragmatischen Charakter gegrundet warden mufite. Diese Beurteilung wurde dariiberhinaus durch Kants Betonung des Nutzens der Disziplin fiir verschiedene atheoretische Zwecke bekräftigt.'^^ Der einzig mögliche Schutz vor dieser pragmatischen Fassung der historischen Erkenntnisarten, lag selbstverständlich in deren Vereinigung mit der Erkenntnis iiber den höchsten allgemeinen Zweck der Wissenschaften, dem Absoluten. Die Philosophie ist ja, wie friiher festgestellt wurde, „durch sich selbst von der Nutzlichkeitsbeziehung frei gesprochen. Sie ist nur urn ihrer selbst willen; um eines andern willen zu seyn, wiirde unmittelbar ihr Wesen selbst aufheben“.'^^ Schelling kritisierte die kantianische Geschichtsauffassung wegen ihres pragmatischen Charakters, begriindet auf der Unfähigkeit der Vernunft, den historischen Stoff einer wissenschaftlichen Bestimmung zu unterwerfen. Dennoch ist es offenbar, daft der kantianische Ansatz zu einem geschichtsphilosophischen Ståndpunkt, bereits eine Andeutung von der erkenntnistheoretischen Funktion gibt, die Schelling und andere idealistische Philosophen den historischen Erkenntnisarten später zuteilen wiirden.'^'* Den Ausgangspunkt bildete das Verhältnis zwischen der undurchdringlichen Fiille des Stoffes und einer emanzipierten Vernunft, die, um ihre Freiheit zu bewahren, gezwungen war, ihre eigene Welt zu schaffen. Umseine Freiheit manifestieren zu können, war es dem Erkenntnissubjekt notwendig, sowohl formell als auch materiell den Stoff in der Formder Erkenntnis zu strukturieren. Die kantianische Vernunft war deswegen zu der Annahme gezwungen, dafi dessen theoretische einheitschaffende Kraft einem ähnlichen Trieb zur Einheit in der Objektswelt entsprach. Diese Hypothese wiirde danach eine gewisse Vernunftsbearbeitung des historischen Stoffes ermöglichen. Dies beseitigte jedoch nicht den grundlegenden Gegensatz, der zwischen der bewufiten, philosophischen Bestimmung des Stoffes durch die Vernunft und der organischen Bildung der Natureinheit herrschte; ein aufschluBreicher Ausdruck fiir diesen Konflikt im Selbstverständnis der kantianischen Vernunft findet sich in einem Abschnitt von Kants HerderRezension: „Bildung (Genesis) ist’s, eine Wirkung innerer Kräfte, denen die Natur eine Masse vorbereitet hat, die sie sich zubilden, in der sie sich sichtbar machen sollten." Schelling, aaO. S. 224 f. Siehe u.a. Kant, aaO. S. 37. Schelling, aaO. S. 256. Von der ..Philosophic der Natur" zu der ..Philosophic des Geistes" war der Schritt nicht weit, s. Lange/Biedermann. aaO. S. 41. Vgl. Kaulbachs Darstellung von Kants Weg von der Naturphilosophie zur Geschichtsphilosophie, in Der Zusammetihang zieischen Naturphilosophic und Gcschichtsphilosophie bet Kant, S. 431, sowie ders.. Philosophic dcr Bcschreihung, S. 364. Kant, aaO. S. 45.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=