RB 44

13 „Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstande mussen sich nach unserer Erkenntniss richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntniss derselben a priori zusammenstimmt, die iiber Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soil. “ 28 Erst hierdurch, meinte Kant, wurde es ermöglicht, die Aufgabe der Vernunft zu lösen; die Apriorität des eigenen Ausdrucks - der Erkenntnis - festzustellen, war viel einfacher als zu demtranszendenten Wesen der Dinge vorzudringen. Die kantianische Vernunftskritik hatte eigentlich nur ein Ziel, nämlich jenseits aller Zweifel die einheitschaffende Kraft im Wesen des Erkenntnissubjekts zu verankern. Durch das Kennenlernen der eigenen Besonderheit war es fiir die Vernunft möglich geworden, ihre theoretische Tdtigkeit als einen freien Akt aufzufassen, in Ubereinstimmung mit, und begriindet in der eigenen Persönlichkeit. Die Annahme, dab der ontologische Grund der Erkenntnis im Charakter der Vernunft liegen miisse, war nicht mit der Auffassung der Vernunft als einer Fähigkeit oder als einem Mittel vereinbar. Durch die kopernikanische Wende in der Metaphysik wurde die Vernunft vielmehr veranlabt, sich selbst als ein Wesen aufzufassen, eine in sich notwendige und unbedingte ontologische Einheit.’'^ Die ideelle Existenz eines Gegenstandes, dessen Wesen, bekam Gestalt und wurde fiir die äuberen Sinne durch dessen Ausdruck erkennbar - der Bewegung auf den fiir den Gegenstand spezifischen Zweck zu. Auch die Natur der Vernunft wurde durch eine derartige teleologische Einheit gebildet, die von den notwendigen Voraussetzungen fiir das Erfahren der menschlichen Vernunft vomErkenntnisobjekt realisiert wurde. Diese sogenannten Vernunftskategorien — Qualität, Quantitat, Modalität und Relation — bildeten die eigene philosophisch notwendige Methodik der Vernunft, durch die der mögliche Erkenntnisbereich abgegrenzt und die Erfahrungserkenntnis strukturiert wurde. Die transzendentalphilosophische Vernunft wurde im Verhältnis zu ihrer dogmatischen Entsprechung durch ihre produktive Kraft charakterisiert.^° Die Tätigkeit der Vernunft Schaffen war von reiner Reproduktion zu einem bewubten von Erkenntnis iibergegangen; durch den Erkenntnisakt gab die Vernunft ständig ihrer eigenen abstrakten Architektonik Ausdruck, anstatt zu versuchen, zur verborgenen inneren Einheit der Dinge vorzudringen. AaO. ibidem. Vgl. Kambartel, Friedrich, „Svstem“ uud „Bcgrundu}ig“ als wisscfischaftliche und philosophischc Ordnungsbcgriffe hei und vor Kant, S. 111 (durch die kopernikanische Wende in der Philosophie wurde den erkenntnistheoretischen Schwerpunkt von der schulphilosophischen Systemkonzeption, worin „Prinzipicn“ das strukturierende Element ausmachte, zu einer wissenschatdichen, in demWesen der Vernunft gegriindeten Systematik). Siehe Kaulbach, Der Zusarnrnenhang zwischcn Naturphdosophie und Geschichtsphilosophic hci Kant, S. 431: „Eigentliche ^’issenschatt ist dort im Bereich der besonderen Natur anzutreffen, wo die Gegenstiinde des Wissens konstruiert werden konnen". Vgl. S. 432: „das so Produzierte . . .“.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=