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64 Ware auf Kredit verkaufl hatte, die Ware von einem Dritten vindizieren konnte, wenn der Käufer sie an diesen weiterverkanft hatle, bevor er selbsl die Ware bezahlt hatte.Es kann sich jedoch ebenso gut um eine neiigebildete Regel handeln, bestimmt durch die Stellungnahme der Goldschmiede fiir ihren Berufsgenossen und die wohlverstandenen Interessen ihres Gewerbes in einer .solchen Situation. Einen iiberzeugenden Beweis dafiir, dass die von Olivier-Martin angezogene Regel »sans doute ancien« ware, hat dieser auch kauni erbracht.^*^ Auf jeden F'all liesse sich auch die allgcmeinere Regel auf ein interessenpolitisches Motiv zuriickfiihren — nämlich das Bestreben, die Verkäufer bei Warenverkiiufen auf Kredit zu schiitzen. Die fragliche Regel stand iibrigens — ebenso wie das Urteil der Goldschmiede —im Widerspruch zu dem Grundsatz H.w.H., und ihr Vorkommen im französischen Recht des 14. Jhs. ist ein weiteres Zeichen dafiir, wie stark die Differenzierung der Regeln iiber Verfolgbarkeit anvertrauter Habe in der nordfranzösischen Gewohnheitsrechtsbildung war. In dem oben referierten Kap. 74 der »Coutume d'Amiens* land sich eine Regel, Unit deren der Hausherr alle hewegliche Habe pfänden konnte, die sich zur Zeit der Pfändung im Hause befand. Der Mieter konnte Fahrnis, die ihmvon jemandem anvertraut war, nicht schiitzen, und auch wenn bekannt war, dass die fragliche Habe einem anderen gehörte, durfte sie fiir die Schuld des Mieters in Anspruch genommen werden. Diese Bestimmung war also eine qualifizierte H.w.H.-Regel. Im englischen und dent- ‘‘ I-:bd. S. 107. Er scheini aiif ein Gericlitsverfahreii vom Jalire 1321 vor dem Pariser Parlament zu zielen, das jedoch, wie er selhsl zugibt, nicht die Eolgerung erlaubl, dass dem Eigentiimer in der fraglichen Situation Vindikationsrecht zugestanden worden sei. Ein Ritter hattc einem Goldschmied den .\uftrag gegeben, einen mit Edelsteinen verzierten »chapeau d'or« zu vcrfertigcn. Der Ritter hatte die Edelsteine auf Kredit von einem venetianischen Kaufmann gekauft und dem Goldschmied iibergeben. Als der Kaufmann von deni Ritter kein Geld bekam, hatte er sich gegen den Goldschmied als dem Resitzer der Edelsteine gewandt. Durch Gerichtsbeschluss wurden die Edelsteine fiir ihn in seiner Eigenschaft als Gliiubiger des Ritters aufgcboten und verkauft. Es handelte sich in diesem Falle also um Exekution in dem Schuldner gehöriger Fahrnis, die sich fiir Rechniing des Scliiildncrs im Resitz eines anderen befand. \'gl. Olivier-Marlin, Coutume II, S. 104.

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