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86 diente die Gefangensetzung nicht zur Erzwingung des Geständnisses von Tatsachen, sondern dazu, den Täter zu Sundenbekenntnis, Reue und Bekehrung zu bewegen. Sie wurde ein Mittel der seelsorgerischen Tätigkeit der KircheJ® Zugleich hinderte die Freiheitsentziehung die Ausbreitung des Bösen. Die Drohung mit dem Scheiterhaufen illustriert die geistige Folter, territion, die man in der Kirche zulieB und deren Zweck die Frzeugung von Schreck und Furcht war, um den Angeklagten zu einem Geständnis oder —wie in diesemFall —den Gefangenen zur Demut und Bekehrung zu bewegen. Botolfs Behandlung verdeutlicht auBerordentlich konkret das inquisitorische Verfahren mit verschärfter materieller Beweiswiirdigung sowie den religiösen Hintergrund der kirchlichen Bemiihungen, eventuell mit harten Mitteln ein Geständnis nicht nur von Tatsachen, sondern auch der Schuld zu erzwingen, um auf diesem Wege zu Reue, Bekehrung und Frlosung der Seele vorzudringen. Botolfs Ubergabe an die Organe der weltlichen Macht zur Bestrafung entsprech schlieBlich in jeder Hinsicht ebenfalls dem kanonischen Recht und dem Kirchenrechtsteil des Upplandslag.'" Fin etwas anders ausgestaltetes Urkundenmaterial finden wir in den mittelalterlichen Richterregeln, die in Schweden in einer västgötischen und einer uppländischen Uberlieferung erhalten sind. Die ältesten Handschriften stammen aus Västergötland und sind in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zustandegekommen, die jiingsten gegen Fnde des 16. Jahrhunderts. Beckman hat aus AnlaB ihrer Untersuchung darauf hingewiesen, daB der Inhalt der Richterregeln erkennen läBt, daB ihr Verfasser mit dem inquisitorischen ProzeB des kanonischen Rechts vertraut war. Dieser Umstand kommt u. a. in der Voraussetzung zumAusdruck, daB der Richter den ganzen ProzeB sehr aktiv leitete und die Wahrheit z. B. durch eingehende Zeugenvernehmungen und materielle Beweiswiirdigung ermittelte. Diese Richterregeln enthalten also einen weiteren Beweis fiir die Vertrautheit mit dem römisch-kanonischen ProzeBrecht, die offenbar in bestimmten Kreisen in Schweden zur Zeit der Aufzeichnung unser Landschaftsrechte vorhanden war. Diese Richterregeln sind hier auBerdem insoweit bedeutungsvoll, als sie die fiir die damalige Zeit typische theokratische Weltanschauung konkretisieren: Der Richter soli seine Arbeit mit dem Gedanken an seine Verantwortlichkeit vor Gott und sein ewiges Heil tun.'^® Diese Verantwortlichkeit wird folgerichtig auch in einigen Richtervollmachten unterstrichen, die von Magnus Friksson erhalten sind.^® '* Siehe Kapitel 1 oben S. 37. '■ Kk 13:2. —Inger, Visitationsinstitut, S. 34. N. Beckman, Våra medeltida domareregler, 1918, S. 166; VgL, IV: 12; Ä. HolmBÄCK, Våra domarregler, 1928, S. 270; L. Holberg, Dansk og fremmed Ret, 1891, S. 82. DS 3485 (6. Mai 1340, siehe FuBnote 71 oben); DS 4488 (29. September 1349, ^inquisita diligenter et cognita veritate" . . . sprout coram Deo et nobis voluerint respondere“).

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