RB 26

57 geschehen, iiber die mag der Schiffer oder Befrachter Zeugnis ablegen, ausgenommen Totschlag, der geht (d.h. dariiber wird verhandelt) nach demRecht der Stadt.^^ Diese Vorschriften des Stadtrechts von Wisby leiten zu einer dritten Deliktskategorie iiber, die als offenbar gait, nämlich Straftaten, von denen ein Gericht auf andere Art und Weise Kenntnis erhielt, z. B. wenn ein Täter auf frischer Tat ergriffen wurde. Hierbei ist aber zu beachten, daB die Ergreifung auf frischer Tat an sich das Verbrechen noch nicht offenbar machte; auch in solchen Fallen waren Zeugen erforderlich, um die Tat offenkundig zu machen.^^ Diese Zeugen brauchten jedoch nicht bei dem eigentlichen Tathergang anwesend zu sein, sondern konnten unmittelbar hinterher herbeigerufen werden; das schwedische Recht bezeichnet sie als skärskutnavittnen, Augenscheinszeugen, die eine Entlastung ermöglichen sollten. Man meinte, ein Verbrechen werde dadurch bekannt, daB diese Zeugen Indizien hatten in Augenschein nehmen können, wie sie das Gesetz forderte. Eine qualifiziertere Form von Zeugen und Zeugenaussage findet sich in dem eben zitierten Stadtrecht von Wisby: § 2 Was zwei Ratsherren auswärts iiber unsere Burger hören oder sehen, das ist voller Beweis, als sei es in unserer Stadt geschehen.'*® Auf grund der amtlichen Stellung der Ratsherren wurden in diesem Fall Ereignisse auBerhalb des Gerichts mit Taten vor dem Gericht oder vor dem Volk der Stadt Wisby gleichgestellt. In dieser Bestimmung kann man natiirlich auch kontinentaleuropäische Einfliisse finden und sie als Ergebnis des Grundsatzes, daB zwei qualifizierte Zeugen vollen Beweis erbringen, deuten. In gewisser Hinsicht ist der Unterschied zwischen den beiden letztgenannten Verbrechenskategorien nicht immer so deutlich. Die dritte Visby stadslag, I, 12: 1. Siehe hierzu auch SdmL, J 4: 1; B 31 pr; Km 3: 1; 8; 9:1; M21 pr; 25: 1; R 9: 1, 9: 3. In diesem Zusammenhang sei an eine Sache erinnert, die vom Ratsgericht in Stockholm am 7. Dezember 1506 entschieden worden ist. Ein Mann wurde zu 80 Mark Strafe verurteilt, weil er in der Gildestube offenbar vor alien Zuhörern einen anderen Mann als Verräter bezeichnet hatte („. . . j gillestuen oppenbarlica ffore allom ahorende"). STB, 4, S. 137. J. Kreuger, Försök att framställa den svenska kriminalprocessens utveckling från medlet af det femtonde till slutet af det sjuttonde århundradet, 1884, S. 58 ff.; CarlQuiST, Studier, S. 15. —VgL, I, M 8, 11; Tj 3; ögL, E 26, 31; V 32: 1; VgL, II, D 19, UL, M46; VmL, M3, 17; SdmL, Tj 11: 1; 4: 4; HL, M30. —Uber die Bedeutung der Augenscheinszeugen im älteren norwegischen ProzeBrecht siehe Hertzberg, Grundtraekkene, S. 233, 237. Nach Hertzberg war gerade dieses Beweismittel und die mit ihm verbundene Offenkundigkeit die Grundlage des gesamten Beweissystems. Uber entsprechende Bestimmungen imdänischen Recht jener Zeit Matzen, OmBevisreglerne, S. 32 ff. Visby stadslag, I, 12:2. 46

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=