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37 jedoch gewisse Grenzen nicht iiberschreiten. Verstiimmelung eines Gliedes oder Lebensgefahr durfte sich aus ihr nicht ergeben. Waiter sollte nur in Notfällen zur Folter gegriffen werden diirfen, d. h. wenn andere Beweismittel nicht vorhanden waren, und man unterstrich, daB die confessio frei von Folter und Frucht wiederholt werden musse.®“ Anfänglich war es Priestern unter Androhung der Irregularitat verboten, bei Folterungen anwesend zu sein, weil BlutvergieBen möglich war. 1260 gestattete Alexander IV. aber den Inquisitoren, einander Absolution von dieser Irregularitat zu gewähren. Urban IV. erneuerte die Erlaubnis Alexanders IV., und nach einiger Zeit wurde sie so augselegt, daB man den Angeklagten in der eigentlichen Folterkammer vernehmen diirfe.®® AuBerdem gait die Regel, daB die Folter nicht wiederholt werden diirfe. Diese Regel umging man schon friih auf die Weise, daB man den Angeklagten nach jedem Einzelgestandnis der erneuten Folter unterzog oder aber ihn die fortgesetzte Folter erdulden lieB, falls er sein Geständnis nach Ende der Folterung widerrufen hatte.®^ Da die Folter bei den Gerichten der Inquisition immer häufiger als Mittel zur Erzwingung einer confessio verwendet wurde und MiBbrauch vorzukommen schien, griff Papst Clemens V. ein. Er schrieb vor, daB die Folter nur durch Urteil oder nach Eingreifen des Diözesanbischofs, nicht aber vomInquisitor allein beschlossen werden diirfe.®^ Von einigem Interesse sind hier die Ratschläge fiir die Erzwingung einer confessio von einem unwilligen und widerspenstigen Angeklagten, die der Inquisitor und Bischof Bernard Gui in seinem vermutlich wahrend der zwanziger Jahre des 14. Jahrhunderts verfaBten Handbuch fiir Inquisitoren gibt. Er empfiehlt nämlich, man solle den Angeklagten gefangen halten, bis er gestehe.®** Diese Methode wurde sparer im weltlichen Recht iiblich und wurde u. a. in Schweden vom 16. bis zum 19. Jahrhundert angewandt. Die Akzeptierung der Folter als Mittel zur Erzwingung der Wahrhcit war jedoch nicht auf die leitenden Personen der Kirche und die Kanonisten beschränkt. Auch bei Azo und Cynus, beide Vertreter des römischen Rechts, finder man Ansichten, die denen Durantis’ ähneln. Die Anwendung der Folter ist gestattet, die confessio aber, die unter ihrem EinfluB oder in der Furcht vor der Folter abgegeben wcrde, miisse auBerhalb der FolterkamDurantis, Spec, iur., Ill, part. I, De accusationc, § 1, n. 24. ®® J. Blötzer, Inquisition, S. 32. Eymericus, Directorium inquisitorum, pars III, Quo modo et qualitcr processus in causa fidei cst terminandus, 3; . . . qttia iterari non debent (tormenta), nisi nouis superuenientibus indieijs contra eum; quia tunc possunt: sed continuari non prohibentur. — Cynus, Commentaria ad C. 9, 41, 18, 8. —Blötzer, Inquisition. Clem. 5, 3, 1. ®® Bernard Gui, Manuel de I’inquisiteur (De modo, arte et ingenio inquirendi et examinandi hereticos credentes et complices eorundem), I, S. 104—107, 182—183, II, S. 54—57.

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