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36 tiensis verteidigt die Auffassung, ein Urteil iiber eine Straftat fuhre zu einemnotorium, mit demHinweis auf ein Wort Ulpianus’ aus den Digesten: Res iudicata pro veritate accipitur. Durantis’ Frage kehrt jedoch in der spätmittelalterlichen Kanonistik wieder. Beispielsweise findet man bei Panormitanus den Gedanken, daB ein Urteil eigentlich nur eine Vermutung der Wahrheit enthalte und diese Vermutung giiltig sei, bis der Gegenbeweis erbracht sei. Als Grundlage des notorium iuris zieht deshalb Panormitanus die conjessio der sententia vor.®" Bei der Voraussetzung, das Gestandnis miisse spontan sein, ereignet sich wahrend dieser Zeit eine bemerkenswerte Änderung der Rechtsansichten. In Strafsachen wurde ein mit Augustinus’ Worten im Decretum Gratiani formuliertes Rechtsprinzip erheblich eingeschränkt: Nos in quemquam sententiam ferre non possumus, nisi aut conuictum, aut sponte confessum. Erstaunlicherweise findet man schon bei Gratianus eine schwankende Einstellung zur Folter als einem Mittel zur Erzwingung einer confessio. Während Gratian an einer Stelle ganz allgemein sagt, die Folter diirfe in derartigen Fällen nicht angewandt werden,®® will er sie anderweitig zulassen, nämlich bei Anklägern, die unzuverlässig erscheinen, bei schlechten Zeugen und in gewissen Fällen auch bei Sklaven.®® 1252 gestattete jedoch Innozenz IV. offiziell die Anwendung der Folter zur Erzwingung von Geständnissen vor Gerichten der Inquisition. Auszufiihren war die Folterung durch die weltlichen Behörden.®^ Innozenz’ Erlaubnis wurde von den Papsten Alexander IV. im Jahre 1259 und Clemens IV. im Jahre 1265 erneuert.®- Die Anwendung der Folter gegen Häretiker und Ketzer konnte mit dem Hinweis auf die römisch-rechtlichen Bestimmungen iiber das crimen laesae majestatis begriindet werden,®® mit dem der Abfall von der Lehre gleichgestellt wurde.®^ Nach den päpstlichen Vorschriften durfte die Folter D. 50, 17, 207. Hostiensis, Summa aurea. III, 2, 6; II, De confessis, 1. Panormitanus, Consilia, I, 89. Panormitanus, Commentaria ad X 3, 2, 7. — Levy, La hierarchie, S. 62. C 2, q 1, c 1. Diet. a. C 15, q 6, c 1. Quod C 5, q 5, c 4, q 2—3; C 12, q 2, cc 58—59. Bulle „Ad exstirpanda“ § 26. Bullarium Romanum, I, S. 92. Teneatur praeterea potestas seu rector omnes haereticos quos captos habuerit, cogere circa membri diminutionem et mortis periculum, tamquam vere latrones et homicidas amiarum, et fares sacramentorum Dei et fidei Christianae, errores suos expresse fateri, et accusare alios haereticos quos sciunt, et bona eorum, et credentes et receptatores, et defensores eorum, sicut coguntur fares et latrones rerum temporalium, accusare suos complices, et fateri maleficia quae fecerunt. ®- Bullarium Romanum I, S. 140. 9» C. 9, 8, 3. 9^ X 5, 7, 10 (Innocentius III); Summa Paucapaleae, C 6, q 1. 86 88 86 confessio crucialibus extorquenda non sit . . . vero

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