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131 auBergerichtliche Geständnis in der Folterkammer entschied den Ausgang der Sache.®® Uber Ursprung und Eigenart des Inquisitionsverfahrens in Deutschland bestehen unterschiedliche Ansichten. Einigkeit scheint aber dariiber vorzuliegen, daB man in der Wormser Reformation von 1498 starke römischkanonische Einfliisse finden kann, die sich noch verstärken in der Bamberger Halsgerichtsordnung, der Constitutio Criminalis Bambergensis von 1507 und der Constitutio Criminalis Carolina Kaiser Karls V. von 1532, die vom hervorragenden Bamberger Richter Freiherr Johann von Schwarzenberg und Hohenlandsberg verfaBt sind. In der Wormser Reformation wird nicht nur ein ProzeB vorgeschrieben, der groBe Ahnlichkeiten mit dem römisch-kanonischen aufweist, sondern auch ausfiihrlich angegeben, unter welchen Voraussetzungen die Folter angewandt werden darf."® Man findet hier eine echte Indizienlehre, die dem Richter bei der Entscheidung helfen soil, wann die Folter zulassig ist. Auch in dieser Stelle ist der EinfluB des römisch-kanonischen Rechts deutlich. Die Aufzahlung geht namlich zuriick auf Angelus Aretinus’ Lehrsätze iiber indicia sufficientia ad torturam Auch der Abschnitt der Wormser Reformation, der eine Erläuterung der Voraussetzungen einer Verurteilung des Angeklagten enthält, läBt römisch-kanonischen EinfluB erkennen."- Besonders interessant ist hier natiirlich die besondere Rolle, die das Gestandnis in der Wormser Reformation in Strafsachen spielt. Das freiwillige Geständnis wird als erster und ausreichender Grund fiir eine verurteilende Entscheidung genannt. Danach kommt das durch die Folter erzwungene und nicht widerrufene Geständnis. Hierbei muB man auch beachten, daB man in der Wormser Reformation in Ubereinstimmung mit römisch-kanonischen Recht offenbar meinte, daB der Angeklagte sein Geständnis vor Gericht wiederholen sollte. Flier geht es nicht darum, den Angeklagten wie in friiherer spätmittelalterlicher Gerichtspraxis in Deutschland gegen sein Leugnen auf der Grundlage eines Zeugnisses der bei der Folter Anwesenden zu verurteilen,"^ (CCB), Schmidt, Einfiihrung, S. 101; Schmidt, InquisitionsprozeB, S. 37. Wormser Reformation, 6:2:2. Siehe hierzu auch Klagspiegel, De Quaestionibus. — Schmidt, InquisitionsprozeB, S. 72 f.; Schmidt, Einfiihrung, S. 124 f.; E. BrunnenMEiSTER, Die Quellen der Bambergensis, 1879, S. 105. Brunnenmeister, Die Quellen, S. 109 f.; Schmidt, Einfiihrung, S. 124. Eine ähnliche Indizienlehre findet man auch imLaienspiegel, III, Von gestrengen fragen. Wormser Reformation, 6: 2: 10. Brunnenmeister, Die Quellen, S. 105 ff. Auch im Klagspiegel und im Laienspiegel wird vorgeschrieben, daB das Geständnis nach der Folter und einer Frist von einem Tage wiederholt werden miisse. Nimmt der Angeklagte dagegen sein Geständnis vor Gericht zuriick, ist das unter der Folter abgelegte Geständnis wertlos. Nach dem Klagspiegel darf er nicht erneut gefoltert werden, bevor 69

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