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77 3.2.1.2.5. Die Stadtgerichte Im Erzstift lagen drei Städte: Bremen, Stade und Buxtehude. Alle drei waren der Hanse verbunden und kämpften während des ausgehenden Mittelalters mit unterschiedlichem Erfolg fiir Unabhängigkeit im Verhältnis zumErzbischof. Die bedeutendste und gröBte dieser Städte war Br e me n.-®® Hier iibte der Vogt des Erzbischofs auf der Grundlage von Immunitätsprivilegien aus den Jahren 965 und 967 erzbischöfliche Gerichtsbarkeit aus — bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts allein. Dann entstand ihm im Rat der Stadt als Vertreter der zunehmend mächtigeren Stadtgemeinde ein Konkurrent. Schon damals war der Rat das wesentliche Verwaltungsorgan der Stadt, und etwa 1300 war der Vogt völlig von der öffentlichen Verwaltung der Stadt ausgeschlossen. Er war nur noch „richtervaget“ und hatte als solcher eine selbständige Gerichtsbarkeit neben dem Rat.“®^ Fiir die Stadt war es jedoch nur eine Zeitfrage, wann die Gerichtsbarkeit des Vogtes Gegenstand ihres unmittelbaren Interesses werden wiirde. In den Hansestädten Hamburg und Lvibeck lag seit dem 13. Jahrhundert die Gerichtsbarkeit beim Rat.-*'- Der Bremer Rat muBte jedoch iiber mehrere Jahrhunderte mit dem Erzbischof um die Stellung des Vogteigerichtes kämpfen.-®^ Zwar wurde die Kompetenz des Vogteigerichts rechtlich verankert,-®^ der Rat stärkte aber allmählich seine Stellung in der Stadt. Nach dem Stadtrecht von 1303 hatte der Vogt an sich Gerichtsbarkeit in Zivilsachen.-*'*’ Der Bremer Rat erwarb aber unter anderem durch umfassende Gutachtertätigkeit erhebliches Ansehen bei der Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten auch vor anderen Instanzen. Das Vogteigericht lieB den Rat ebenfalls zu Rechtsfragen Stellung nehmen.-®*^ Der Erzbischof versuchte zwar, die Bezugnahme von Parteien auf Gutachten des Rates zu erschweren,-**' konnte die Entwicklung aber nicht aufhalten. Vielmehr Die folgende Darstellung geht, soweit nichts anderes gesagt wird, von Hiemsch: Gerichtsverfassung aus. Der Verf. hatte keinen Zugang zu der Arbeit, auf die Hiemsch seine Darstellung in der Hauptsache griindet: Wilfried Helling: Untersuchungen zur Entwicklung der mittelalterlichen Bremischen Stadt- und Gerichtsverfassung. Diss. Kiel 1959 (Maschinenschrift). Kuhtmann: Stadtvogtei S. 3. — AuBerdem hatte der Vogt verschiedene Finanzaufgaben, die häufig fiir den Rat unbequem waren, die Stadtverwaltung aber nicht beeinfluCten. 260 Der Vogt war in diesen Städten beauftragter Ratsrichter bzw. Beisitzer im Gericht der Ratsherren; Hiemsch: Gerichtsverfassung S. 12. Vgl. hierzu in der älteren Forschung Larsson: Bremens ställning S. 14 ff. Durch die sog. Gerhardschen Reversalen des Erzbischofs Gerhard II. 1246 und das Bremer Stadtrecht 1303. Zu den Sitzungszeiten des Gerichts Kuhtmann: Stadtvogtei S. 25 f. **• Kuhtmann: Stadtvogtei S. 27. Hiemsch: Gerichtsverfassung S. 14. 262 263 264 265

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