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126 Götz Landwehr V. Ausblick und AbschluB In diesen Merkmalen, — der Differenzierung der Rechtsvorstellungen, — der Flexibilität der Rechtsbildung, — der Individualisierung von Rechtspositionen — und der Verwissenschaftlichung des Rechtsdenkens, zeigt sich das Neue der Hanseatischen Seerechte des 16. und 17. Jahrhunderts gegeniiber den mittelalterlichen Schiffsrechten. Andererseits fehlt dem Hanseatischen Seerecht aber auch noch vieles, was Kennzeichen der späteren Seerechtsdogmatik ist. Dies zeigt sich beispielsweise im Hamburgischen Recht in der unmittelbaren Haftung der Seeleute gegeniiber dem Befrachter fiir die Beschädigung der Fracht beim Laden und Löschen. Hier kniipft das Seerecht noch an die alte Vorstellung an, daB der mitreisende Befrachter sein Frachtgut selbst an Bord zu bringen hat und daB diese Arbeit von den Seeleuten unmittelbar dem befrachtenden Kaufmann geleistet wird. Im 18. Jahrhundert besteht kein Zweifel, daB in derartigen Fällen der Schiffer dem Befrachter gegeniiber fur das Verhalten der Seeleute einzustehen hat und diese nur im Innenverhältnis regreBpflichtig sind.^“® Auffällig ist weiterhin, daB das Konnossement^^'^ die seit dem 15. Jahrhundert bekannte „Frachtzerter“, in den Seerechten iiberhaupt keine Erwähnung findet, wie auch der Bodmereibrief nur ganz am Rande und nebenbei genannt wird.^-® Völlig fehlt sodann die Seeassekuranz, die zwar im 16. Jahrhundert — besonders in den Niederlanden und seit 1588 auch in Hamburg — bekannt war.^-® Sie war aber wohl rechtlich noch nicht soweit ausgestaltet, daB man sie hätte beriicksichtigen miissen. Hier findet das Hanseatische Seerecht erst im 18. Jahrhundert mit der Hamburger „Assecuranz- und Haverei-Ordnung“ von 1731 AnschluB an die Seerechtskodifikationen des ausgehenden 17. und 18. Jahrhunderts. So zeigt sich — wie auch nicht änders zu erwarten —, das Hanseatische Seerecht des 16. und 17. Jahrhunderts als das Recht einer Ubergangszeit. Möderne Rechtsinstitute stehen neben durchaus altertiimlichen Ein325 Siehe oben Text zu Fn. 133. Klefeker (Fn. 161), S. 105; Pöhls (Fn. 198), 2. Teil (Hamburg 1831), S. 558. Vgl.; L.\ngenbeck (Fn. 104), S. 157 ff.; Klefeker (Fn. 161), S. 160 ff.; Pöhls (Fn. 198), 2. Teil (Hamburg 1831), S. 447 ff. Vgl. HambStR 1603 XVIII 2. *-* Siehe Fn. 207. Siehe Fn. 189. 327 328 330

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