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124 Götz Landwehr kaufsrecht der Reeder^*’ beschreitet man einen Weg, den die Rechtsordnung auch im Liegenschaftsrecht gegangen ImGrundstucksrecht allerdings geschah dies mit dem Ziel, die Verfiigungsbefugnis des Eigentiimers zu stärken; im Seerecht dagegen verfolgte man den Zweck, die Reeder in den vollen GenuB der Nutzung des Schiffes zu bringen, und bereitete damit den Weg fiir eine endgiiltige Ablösung der Fiihrung durch Geldzahlungen. III. Die Individualisierung von Rechtspositionen Ein grundsätzlicher Wandel des Rechtsdenkens offenbart sich drittens in einer Individualisierung von Rechtspositionen. (1) Ein deutliches Beispiel dafiir ist die Lösung der Heuerforderung aus den Bindungen einer genossenschaftlichen Gefahrengemeinschaft, wie sie in dem Satz, die Fracht ist die Mutter der Gage, zum Ausdruck kommt, und die Ausgestaltung der Heuer zu einem isolierten schuldrechtlichen Anspruch, der an Schiff und Fracht pfandrechtlich gesichert ist. (2) Eine parallele Erscheinung findet sich bereits im Mittelalter bei der Fiihrung. Wenn die Seeleute mit ihrem mitgefiihrten Gut grundsätzlich nicht zur Haverei beitragen,^-” dann erscheint die Fiihrung ansatzweise bereits herausgelöst aus den genossenschaftlichen Bindungen einer Gefahrengemeinschaft und begegnet insoweit als eine individuelle Rechtsposition. In der Individualisierung und Verselbständigung der Heuerforderung und des Rechts auf Fiihrung offenbart sich eine neue und andersartige Wertung der Interessen. Nicht mehr in der genossenschaftlichen Ordnung, deren Urspriinge unter anderem ja auch im gemeinschaftlichen Eigentum des Schiffes liegen, findet der vertraglich zu Arbeit verpflichtete Seemann geniigend Schutz, sondern in der Isolierung seiner Rechtspositionen und deren Sicherung durch das Schiff und die Fracht. 319 IV. Die Verwissenschaftlichung des Rechtsdenkens Ein viertes Merkmal der Hanseatischen Seerechte des 16. und 17. Jahrhunderts ist der Beginn einer allmählichen Verwissenschaftlichung des Rechtsdenkens. Siehe oben B V 4 b (S. 117). Vgl. die Entwicklung von Erbenlaub (Konsens der Erben), Erbenwartrecht, Näherrecht und Vorkaufsrecht im Liegenschaftsrecht des Mittelalters und der friihen Neuzeit. Siehe oben B V 4 a (S. 115 f.). Siehe oben Text zu Fn. 165. Vgl. LiibSchR 1299 A. 29; HambSchR 1301 A. 27; HambStR 1497 P 38. 317 318 319 320

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