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122 Götz Landwehr beim Seefrachtvertrag trotz gewisser äuBerer Ähnlichkeiten jedoch bereits ein gutes Stiick entfernt. Denn ein grundloses Riicktrittsrecht vom Frachtvertrag ist nur bei der Raumfracht iiber ein ganzes Schiff oder beim gemeinsamen Riicktritt aller Befrachter eines Schiffes gegeben. Der Riicktritt des Befrachters vomStiickfrachtvertrag erfordert dagegen —imGegensatz zum Reurecht — das Vorhandensein eines wichtigen Grundes. Ein grundloser Riicktritt des Befrachters verpflichtet diesen zur Zahlung der vollen Fracht, also zur Erfiillung. Wenn der Schiffer wegen eines Grundes, der in der Person des Befrachters liegt, zuriicktritt, erhält er ebenfalls den vollen Frachtlohn.^®® Anders ist es noch beim Heuervertrag. Dort machen die Quellen die Zahlung der halben Heuer beim Riicktritt des Schiffers gerade davon abhängig, daB der Seemann sich „recht verhalten“ hat, ihm also grundlos gekiindigt worden ist. Aber auch hier zeigt sich ansatzweise bereits eine Abkehr vom alten Reurecht in der Tatsache, daB die Grundlosigkeit des Riicktritts ausdriicklich hervorgehoben wird. (2) Dem mittelalterlichen Recht ist der Gedanke des Vermögensschadens fremd, es orientiert sich vielmehr an der Idee der BuBe, der pauschalierten und urspriinglich gegenstandsbezogenen Wiedergutmachung. Demgegeniiber bestimmt das Hamburgische Recht, daB der Befrachter beim grundlösen Riicktritt vom Frachtvertrag die volle Fracht zu bezahlen hat: „Es ware denn, daB der Schiffer ohne seine Verhinderung ander Gut in die Stätte erlangen könnte, das soil dem Kaufmann zugute kommen“.^^® Die Zahlung der vollen Fracht hat hier nicht wie im mittelalterlichen Recht BuB- oder Strafcharakter, sondern zielt auf den Ersatz des individuellen Vermögensschadens ab. 309 (3) In vergleichbarer Weise sind die Ersetzung der pauschalen Halbjrachtregelung beim Schiffbruch durch die Distanzfracht und ebenso die Idee der Zeitheuer anstelle des Reiselohnes Ausdruck fiir eine diffeÄhnlich ist es sicherlich zu renziertere rechtliche Betrachtungsweise. beurteilen, wenn imHansischen Seerecht von 1614 der Sache nach zwischen 312 Bau- und Schiffahrtsreederei unterschieden wird. (4) Das Hamburger Stadtrecht von 1603 stellte bei der Konkurrenz mehrerer Bodmereigläubiger zunächst auf die zeitliche Priorität ab, ging aber im Jahre 1618 zum Posterioritätsprinzip iiber.^^^ Darin zeigt sich 313 Siehe oben B II 2 b (S. 96 f.). Siehe oben B V 3 b, d (S. 113 f.). 3*» HambStR 1603 XV 5. Siehe oben B II 2 c (S. 97). Siehe oben B V 4 a (S. 116). Siehe oben B I 1 (S. 92). Siehe oben B III 4 (S. 102 f.). 308 309 311 312 313 314

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