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dung gelöst. In Preußen wurde das im Übergang vom Universitätsstudium zur praktischenVorbereitungszeit stehende Staatsexamen, von einem kurzen Intermezzo zwischen 1846 und 1849 abgesehen, bis 1866 ohne professorale Beteiligung durchgeführt. Der Präsident des Kammergerichts betonte 1831, dass für die Aufnahme in den Staatsdienst nur rudimentäre Grundkenntnisse des Rechts, Lateinkenntnisse und genügend gesunder Menschenverstand erforderlich seien. Die Justiz verließ sich auf einen im19. Jahrhundert immer länger werdenden Vorbereitungsdienst, um Juristen praktisch auszubilden.73 Die Juristenausbildung an den Fakultäten hatte daher die Funktion eines allgemeinen Propädeutikums, was demWunsch der Studierenden, Studienorte in verschiedenen Territorien zu besuchen, entgegenkam.Viele Professoren verstanden die Aufgabe der Pandektenvorlesung daher darin, allgemeine juristische Grundlagen zu vermitteln, nicht Anwendungswissen.74 Friedrich Ludwig v. Keller meinte in seinen Pandektenvorlesungen: „Wir … wollen studieren lernen und den römischen Juristen etwas von ihrer Kunst abzugewinnen suchen.Dann dürfen wir uns in der Praxis sehen lassen“. Mit diesem didaktischen Ziel rückte die Frage, ob das römische Recht noch galt oder nicht in den Hintergrund, denn, so Keller: „Mag von den materiellen Sätzen des römischen Rechts viel oder wenig für unsere heutigen Verhältnisse Gesetzeskraft haben, das Studium derselben soll unseren Sinn bilden und uns befähigen, unseren heutigen Rechtsstoff theoretisch und practisch ebenso tüchtig zu verarbeiten und zu bemeistern, wie es den römischen Juristen mit dem ihrigen gelungen ist!“75 Keller war nicht der einzige, der den steten Blick auf spätere Modifikationen des antiken Rechts für entbehrlich hielt. Christian Friedrich Mühlenbruch erläuterte 1839: „Die Auswahl der in dem Pandektenrecht vorzutragenden besonderen Lehren sollte eigentlich weniger durch die Rücksicht auf unmittelbare Anwendbarkeit, als vielmehr dadurch bestimmt werden: ob das Studium eines Gegenstandes besonders han s - p ete r ha f e r kamp 99 72 Zu dieser Entwicklung Klaus Luig,Art. Gemeines Recht, in HRG Bd. 2, 2.Aufl. 2009, Sp. 71 ff. 73 Nachweis bei Uwe Bake, Die Entstehung des dualistischen Systems der Juristenausbildung in Preussen, Dissertation Kiel 1971, s. 144 ff.; Ina Ebert, Die Normierung der juristischen Staatsexamina und des juristischenVorbereitungsdienstes in Preußen (1849-1934), Berlin 1995, S. 20 ff. 74 Hierzu auch die Kritiker bei Hannes Siegrist, Advokat, Bürger und Staat, Bd. ii, Frankfurt a. M. 1996, S. 558 ff. 75 Friedrich Ludwig von Keller, Pandekten, Bd. 1, Leipzig 1866, Einleitung S. xvi.

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