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pretation der fraglichen Modestinus-Stelle. Er betonte dann,dass „unser Recht sonst der Repräsentation geneigter ist, als das römische“, verwies für Verträge aber darauf, dass mittelbare Stellvertretung mit Durchgangserwerb ja stets möglich sei, nannte Unterhändler und Makler als praktisches Beispiel und schloss: „Das reicht vollkommen für das Bedürfnis aus“.69 Den logischen Strukturen, die dem Studenten auch Denkhilfe sein sollten, wurden die geschichtlichen Aspekte des Problems stets an die Seite gestellt. Es ging eben um einen doppelten, nicht einseitigen Blick. Puchta betonte: „Nicht die Hervorhebung einer Seite des Ganzen ist ein einseitigesVerfahren, nur der ist einseitig zu nennen, welcher eine Seite als das Ganze behandelt“.70 Damit komme ich zu einem letzten Punkt, in dem die Didaktik Auswirkungen hatte auf das Programm der Pandektistik: Die Bedeutung für den Stoff, also das Pandektenrecht. Teil des heutigen Bildes der Pandektistik ist es, dass diese stur an römischen Rechtsinstituten festgehalten habe, die in der Praxis nie anerkannt worden seien. Jhering kritisierte dies 1857 als „Mumiencultus“. Beispiele hierfür finden sich leicht. So machten etwa Mühlenbruch, Puchta, Göschen,Vangerow, Savigny und Wening-Ingenheim breite Ausführungen zur capitis deminutio und zur Infamie.71 Da zugleich ganz weitgehend Einigkeit darüber bestand, dass Inhalt der Pandektenvorlesung das seit Hugo sog. „heutige römische Recht“ sei , entstand konsequent das Bild, die Pandektistik habe eineWiederherstellung antikerVerhältnisse gefordert und romantisiert. Erneut lohnt jedoch die didaktische Perspektive. Das juristische Studium hatte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts insgesamt von der praktischen Ausbilre cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 98 69 Puchta,Vorlesungen (Fn. 62), s. 114, § 273 70 Puchta, Institutionen, Bd. 1 (Fn. 58), s. 100. 71 So etwa Savigny, Pandektenvorlesung 1824/25, hg von Horst Hammen, Frankfurt am Main1993, s. 41 f.; Johann Nepomuk v.Wening-Ingenheim, Lehrbuch des gemeinen Civilrechts nach Heises Grundriß eines Systems des gemeinen Civilrechts zum Behufe von Pandekten-Vorlesungen, 5.Aufl., hg. von Johann Adam Fritz, Bd. 1, München 1837, §§ 64 ff.; Johann Friedrich Ludwig Göschen,Vorlesungen über das gemeine Civilrecht, Bd. 1, Göttingen 1838, §§ 44 ff.; Anton Friedrich Justus Thi- baut, System des Pandektenrechts, 8. Aufl. Heidelberg 1838, §123; Friedrich Christian Mühlenbruch, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, Halle 1839, §184; Puchta, Pandekten, 3.Aufl. Leipzig 1845, §116. v i . pande k te nvor l e sung e n und ‚h e ut i g e s ’ röm i sch e s re cht

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