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pendiaten im Jahre 1834. Daß der in diesem Zusammenhang genannte Nevolin Savignys Aufmerksamkeit hatte gewinnen können, haben wir schon gesehen.124 Im Hinblick auf Petersen lag Savigny mit seinerVermutung, dieser habe die Laufbahn offenbar gewechselt, richtig. Savigny hatte von diesem Juristen, wie er Balug’janskij am26. Oktober 1829 schrieb, nach den ersten Eindrücken eine gute Entwicklung an der Universität erwartet.125 Im Unterschied zu den meisten der russischen Stipendiaten in Berlin schlug Petersen allerdings nicht die akademische Laufbahn ein. Er wechselte vielmehr in die livländische Justiz, wo er es bis zum Gouvernementsprokureur brachte.126 Unser inhaltliches Interesse konzentriert sich auf die im Schlußabsatz des Briefes formulierte Bemerkung Savignys: Die Beschreibung einerVermittlung von Rechtswissenschaft, also von juristischen Methoden, unter Bezugnahme auf Mission und Kolonisation stellt auf mehrere Gesichtspunkte ab, die in der Geschichte des Umgangs mit Rezeption eine Rolle spielen: Mission bedeutet zunächst einmal, daß jemand gesendet ist, um etwas in der Fremde zu bewirken. Das Wort von der Kolonisation läßt daneben dieVorstellung assoziieren, es bestehe ein spezifisches Entwicklungsgefälle zwischen denVerhältnissen im Zarenreich und dem insoweit „fremden“ westund mitteleuropäischen Recht. Vor dem Hintergrund des Missionsgedankens drückt Savigny hier dieVorstellung von einer Überlegenheit der in der Tradition des römischen Rechts entwickelten westund mitteleuropäischen Rechtswissenschaft aus, die sich u.a. darin ausdrückt, daß gerade ihre „Anpflanzung“ Fruchtertrag („reife Früchte“) verspreche. Wir wollen der Frage nachgehen, welcheVorstellung der Äußerung im einzelnen zugrundeliegt und warum Savigny gerade die genannten re cht swi s s e n scha f t al s j ur i st i sch e dok t r i n 50 124 Vgl. oben S. 39. 125 Brief Savignys an Balug’janskij vom26.10.1829, abgedruckt bei Majkov, Speranskij (Teil 2, o. Fn. 53), S. 240. 126 Das Amt entsprach in etwa dem eines Generalstaatsanwalts. 2. Die Kernaussage des Briefes, ihre Bedeutung und ihr Zusammenhang „Ihr Beruf ist ein schwerer, aber schöner. Sie treiben gewissermaßen ein Missionsgeschäft, oder eigentlich Sie wollen unsre Rechtswissenschaft auf einem ihr bisher fremden Boden colonisiren.“

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