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d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 93 v. gründe für ne benge setz e Zur folgenden Analyse ist festzuhalten, daß die Erklärungen für den Erlaß eines Nebengesetzes durchaus nicht monokausal sein müssen beziehungsweise dies auch nicht waren, sondern von mehreren der folgend aufgelisteten Motive getragen sein können. Daher begegnen uns in der Folge einige Nebengesetze mehrfach. Das Motiv, in die Kodifikation nur personell-allgemeines Recht aufzunehmen, war schon vor dem Inkrafttreten des ABGB nicht neu. So brachte das Erbfolgepatent 1786 (JGS 548) eine “allgemeine … Erbfolge”, während jene nach Geistlichen und in Bauerngüter in speziellen Gesetzen geregelt war38, wobei es auch mit demABGB verblieb. In dieserTradition steht weiters von Beginn der ABGB-Entstehung an das Handelsrecht als Sonderprivatrecht für Kaufleute, die sich besonders darin zeigt, daß ein solches in der Schweiz abgelehnt wurde und die entsprechenden Regeln Aufnahme in das Obligationenrecht fanden.39 Auch im Katholiken-Ehegesetz 1856 spielte das Motiv des personellen Sonderrechts eine Rolle, was der Plan von 1861 bekräftigt, ein eigenes Ehegesetz für Protestanten zu schaffen!40 Dieser auch in den zeitgenössischen Gesindeordnungen neben dem ABGB sichtbare Gedanke personell bezogener Sonderrechte setzte sich fort über die jüngeren Arbeitsvertragsgesetze ab dem späten 19. Jahrhundert 41 bis ins Verbraucherschutzgesetz des 20. Jahrhunderts. Nach Ansicht der Kodifikatoren hatte veränderliches Recht aua) Personell-ständisches Sonderrecht b) Veränderliches Recht 38 Brauneder, Erbrecht, wie Fn 12, 367ff.;Visini, wie Fn 9, XCVf. 39 P. Caroni, Privatrecht: Eine sozialhistorische Einführung, Basel-Frankfurt am Main 1988, 157ff. 40 L.Wahrmund, Dokumente zur Geschichte der Eherechtsreform in Österreich, Innsbruck 1908, 375ff; E. Rittner, Oesterreichisches Eherecht, Leipzig 1876, 30. 41 Vgl. u. bei Fn 59f.

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