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d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 163 großen Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts angespielt; unter den heutigen Kodifikationsbefürwortern ist das Streben nach Dauerhaftigkeit etwas im Hintergrund gelandet.18 Aber auch in diesem Punkt entsteht eine Gegensätzlichkeit, welche von der innersten Eigenschaft des Zivilrechts als gesellschaftliches Derivat herrührt.Auch die Kodifikationsbefürworter räumen ein, dass jede Gesetzgebung in seinemWesen unumgänglich geschichtlich gebunden ist. Das heute moderne ist morgen unmodern. Aus französischer Richtung wurde sogar der Ausdruck décodification geformt, um zu beschreiben, wie der moderne Rechtsquellenpluralismus das Potential der Kodifikationen, Recht festzuschreiben, reduziert hat.19 Dies gilt natürlich auch für den Status des geschriebenen Gesetzes als Rechtsquelle im allgemeinen, die Eigenschaft der Kodifikationsmethode als aktivistischer Reformismus sollte jedoch eine deutlichere Gegensätzlichkeit zwischen Ideal undWirklichkeit zur Folge haben, als in einem nicht kodifizierten Rechtssystem.20 Sowohl die Idee der Fixierung des Rechts als auch das Streben nach Gesamtheit scheinen bei genauerem Studium zwei Seiten des gleichen Elements zu sein, nämlich des rationalistischen Naturrechts. Einerseits hätten die Kodifikationen der Aufklärung wahrscheinlich nicht verwirklicht werden können, ohne einen festen Glauben an die Existenz universell gültiger Rechtssätze. Andererseits hätte der systematische Ansatz des Naturrechtes entscheidende Bedeutung für 18 Man betont mehr die Fähigkeit der Kodifikation, straff zu ziehen, zu organisieren und sozusagen, mit dem rücksichtslosen Fortschreiten des Gesetzgebers mitzuhalten: “La codification nécessaire ne saurait être réalisée «à droit constant». Ce n’est ni d’une pérenn- isation, ni d’une restauration dont la société civile a besoin ; c’est de l’épuration et du rajeunissement d’un savoir que la quantité étouffe.”,Atias, supra n. 14, s. 200. 19 “La décodification ... est un phénomène majeur dans les pays de tradition romanogermanique depuis le milieu du XXe siècle ... à tel point qu’elle inquiète les codificateurs contemporains: une codification est-elle encore possible et souhaitable si elle risque de se trouver si vite périmée?”, R. Cabrillac, Recodifier, R.T.D. Civ., (2001) oct.-déc., s. 834. 20 “... la codification est plus qu’un multiple de la loi : il y a en elle un esprit de système et de totalitè, une intention de renouveau politique, en même temps qu’un espoir d’arrêter le cours de l’histoire.”, Oppetit, supra n. 13, s. 33.

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