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d i e k o d i f i k at i o n u n d d i e j u r i s t e n 161 angesehen wurde. DerWeg zu Rechtsvereinheitlichung undVorhersehbarkeit sollte über eine Erhebung des ius scriptumund ein Ausrangieren des ius non scriptumerfolgen. Die Kodifikation soll weiters einen gewissen Grad anVollständigkeit bzw. Gesamtheit erfüllen.Auch wenn sich dieser Begriff nicht in absoluten Termen definieren lässt, verliert anscheinend die gesamte Kodifikationsidee ihren Gehalt, ohne eine deutliche Ambition von Seiten des Gesetzesgebers. Der Begriff der Vollständigkeit bewirkt, dass sich die Kodifikation von einem gewöhnlichen Gesetz unterscheidet.13 Die Eigenschaften Konsolidierung, Sammlung und Gesamtheitsdenken stellen ein gewichtiges Argument in der heutigen französischen Kodifikationsdebatte dar.14 Hier entsteht jedoch eine Gegensätzlichkeit zwischen rechtspolitischen Ambitionen und der natürlichen Gesellschaftsfunktion des Rechts. Dies gilt im besonderen beim Zivilrecht, welches größtenteils einen dispositiven und ergänzenden Charakter aufweist. Die Beziehungen zwischen den einzelnen Rechtssubjekten befinden sich in ständiger Veränderung und werfen ständig unvorhergesehene Rechtsfragen auf. Der Gesetzgeber kann welchenWeg auch immer wählen, aus einer unendlichen Anzahl von Varianten zwischen zwei Extremen. Auf der einen Seite kann der Anspruch auf Gesamtheit gänzlich erfüllt werden, indem der Kodifikationsverfasser sich damit zufrieden gibt, Prinzipien und allgemeine Rechtsgrundsätze festzustellen.15 Je 13 Moderne Kodifikationen variieren in Umfang und Ambitionsniveau. Das was Code Civil und BGB jedoch auszeichnet ist der Gesamtheitsbegriff: “La forme la plus achevée de code correspond aux grands œuvres réformatrices qui intègrent dans un ensemble unitaire un corpus de règles anciennes et un apport de règles nouvelles exprimant les principes de l’organisation de la nouvelle société; l’archétype en est le code civil français et, à un degré moindre en raison de son caractère très conceptuel et très technique, le BGB allemand.”, B. Oppetit, De la codification, Rec. Dalloz, (1996) 5ème cahier, chron., s. 37; “What is a ‘Code’?We civilians are accustomed to allembracing, wide-ranging statute books covering the whole area of private law...”, v. Bar, supra n. 3, s. 4. 14 “Le code civil de la France du XXIe siècle sera la source vive d’une recomposition des grands ensembles et des catégories juridiques fondamentales. ... Le rétablissement des cohérences perdues est une necessité.”, C.Atias, Le code civil nouveau, Rec. Dalloz, (1999) 18ème cahier, chron., s. 200. 15 Einer der europäischen Kodifikationsvorhaben vertritt diese Auffassung:“A statement

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