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aus, ist über die einzelnen Stichproben hinaus noch nicht untersucht worden. Anhand der einzelnen untersuchten Fälle kann man jedoch annehmen, dass man die territoriellen Unterschiede in der gesetzlichen Regelungen ernst genommen hat.12 Darüber hinaus ist es bis heute nicht klar, in welcher Textfassung das Baltische Privatrecht im Jahr 1940 in Geltung war.13 Damit sollte hier nur angedeutet werden, auf welche Schwierigkeiten und Fragen hätte man gestossen, wenn man die vom Parlament geforderte “Berücksichtigung” als eine ernsthafte restitutio der im Jahr 1940 gegoltenen Gesetzesvorschriften gedeutet hätte. Die angesprochenen und bis heute akuten Forschungsdefiziten in der privatrechtshistorischen Forschung zeigen aber u.a., dass es in Estland zu keiner staatlich unterstützten und geförderten umfangreichen rechtshistorischen Forschung und Restitution der zersplitterten Privatrechtsordnung derVorkriegszeit gekommen ist.14 Die mittelalterlichen Rechtskreise blieben damit doch zurück in das Jahr 1940. Estlands Privatrechtsreform der 1990-er ma r j u l u t s 138 12 Vgl. Riigikohtu tsiviilosakonna otsused [Entscheidungen der Zivilrechtsabteilung des Staatsgerichtshofes] 18. 05. 1922, 03. 11. 1933. – In:T. Anepaio (Hg.), Riigikohus. Otsuste valikkogumik 1920 – 1940 [Staatsgerichtshof. Ausgewählte Entscheidungen 1920 -1940]. Tartu 1999, S. 107 f, 124 ff; T. Anepaio, Hobusemüügist omandireformini [Vom Pferdehandel zur Eigentumsreform]. - Juridica, 1997, Nr. 6, S. 291 ff. Leider kann man in dem Zusammenhang auf keinen deutsch- oder englischsprachigen Beitrag hinweisen. 13 Zu den verschiedenen Ausgaben des Baltischen Privatrechts in der Zarenzeit und in den Republiken Estland und Lettland zwischen zwei Weltkriegen informativ und überblicklich, jedoch nicht juristisch inhaltlich verfahrend:T.Anepaio,Tuntud tundmatu seadustik. Balti Eraseaduse väljaanded [Das bekannte unbekannte Gesetzbuch: Die Ausgaben des Baltischen Privatrechts]. – In: Annales litterarum societatis Esthonicae 1994-1999.Tartu 2002, S. 302 ff; die deutsche Zusammenfassung S. 323 f. 14 Ganz unbedeutend ist die komplizierte Regelung des Baltischen Privatrechts für die gegenwärtige Rechtslage in Estland jedoch nicht geblieben. Da man bei der Eigentums- und Landreform an dem16. Juni 1940 angeknüpft hat, sind die erbrechtlichen, ehevermögensrechtlichen und auch allgemeine sachenrechtlichen Vorschriften in ihrer territoriellen Vielfalt aktuell geworden. Man kann keinesfalls behaupten, dass die Anwendung des Baltischen Privatrechts seitens heutigen Verwaltungsbehörden und Gerichten in Estland reibungslos gelingen ist.Von rechtshistorischer Forschung her hat man die juristische Kreise in Estland darauf auch aufmerksam gemacht: T. Anepaio,Vom Pferdehandel (Fn. 12). Zu einer Welle der Abänderung der juristisch inkorrekt gefallenen Entscheidungen oder auf diesen Punkt angelegten Rechtsstreitigkeiten ist es jedoch nicht gekommen.

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