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Es ist kein Zufall, dass Napoleon, der als Erster Konsul insgesamt 59 der 102 Sitzungen leitete, die für die Debatten des Entwurfs des Code civil im Staatsrat anberaumt wurden,38 gerade in besonderem Masse dem Familienrecht seine Aufmerksamkeit widmete. Seine Einstellung zu der Sache scheint weitgehend mit der nur ein wenig mässigeren von Portalis übereinzustimmen, der seinerseits eine Art hierarchischer Arbeitsteilung zwischen Staat und Kirche vorgeschlagen hatte, in der dem Staat die übergeordneteVerantwortung der Gesetze, der Kirche hingegen eine reine Unterstützungsfunktion für die Entwicklung der Sitten (des mœurs) zukommt.39 In diesem Zusammenhang ist es vielleicht hilfreich, um die Spuren einer solchen stillen Reserve, einer solchen Instrumentalisierungsmentalität und auch Mentalreservation als Grund der ‘Befriedung’ besser erfassen zu können, dem Ersten Konsul direkt das Wort zu übertragen. Napoleon befaßte sich damals mit der Nachahmung der Feierlichkeit und Sakralität der katholischen Zeremonien bei demVerfahren der Zivilehe (art.25u.35des Entwurf;63u.75Code civil), wie später auch bei der Regelung der Adoption. Das folgende Zitat stammt von Roederer:40 “Bonaparte:Wie stellen wir die guten Sitten her? Doch nur, indem wir die Religion wieder einführen. Roederer: Ich denke schön, dass die Religion eine wichtige Stütze der Regierung ist, doch darf sie nie die Überhand gewinnen und beherrschen. B.: Nein sicher nicht ..Aber wie soll man in einem Staat ohne Religion Ordnung schaffen? Die Gesellschaft kann doch wohl ohne Religion nicht bestehen. Die Gesellschaft ist ohne ungleich verteiltesVermögen nicht denkbar, und diese Ungleichverteilung nicht ohne Relip ao l o ca p p e l l i n i 128 38 Wie uns Eckhard MariaTheewen in seinem ausführlichen und wichtigen Buch (Napoléons Anteil am Code civil, S.62. ), belehrt. 39 Zu Portalis, s. A. Antoine, a.a.O., S. 202. 40 Genauer gesagt aus einem Gespräch am 30.Thermidor VIII-18. August 1800 mit Roederer, das wir hier in der deutsche Übersetzung von E.M.Theewen (vgl. S. 94) wiedergeben.

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