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EurcM’i-an Lhgai Histgiry 177 Rechtsgcschichte“ gestartct wordcn. Viellcicht und hoffentlich werden sich in abschbarcr Zeit auch einmal die osteuropäischen Länder zusammenfinden, um den Wiederbeginn einer post-sowjetisehen Rcchtsgeschichte zu crörtern, einen Wiederbeginn, dessen Autgabe die Rekonstruktion der vergcssenen, verdrängten oder bewulst vernichteten Geschiehte vor der Oktoberrevolution von 1917 sein miilke. III. AmEnde mögen einige Bemerkungen zu den Sehwerpunkten und den Methoden einer kiinftigen europaisehen Reehtsgesehiehte ihren Platz linden. Diese Bemerkungen eine „Vision“ zu nennen, ware sieher lalsch. Der bescheidenere Ausdruek „HotTnungen“ scheint bier angemessener. 1. Zunäehst ist es die Eioffnung auf eine gcwisse Modernisicrung. Die Rechtsgescbichte stand lange imDunstkreis der Elistorischen Schule, der Philosophic und der politischen Kämple des 19. Jahrhunderts. Die Kategorien des geltenden Rechts bestimmten ihre Perspektive. So hatte man sich z.B. angewöhnt, von einer Privatrechtsgeschichte zu sprechen und privatrechtliche Fragen aus emem historischen Material herauszuarbeiten, in dem es jene kategoriale Trennung von privater und öflenthcher Sphäre gar nicht gab. So liefen (und laufen!) die Forschungen zum lus Commune oft getrennt vom gleichzeitigen lus Canonicum und vom ebenfalls gleichzeitigen ius patrium. Die deutsche Savigny-Zeitschrift hat immer noch je eine Romanistische, Germanistische und Kanonistische Abtcilung, obwohl cine Glicderung nach Antike, Mittelalter und Neuzeit sich geradezu aufdrängt. Schlieblich gibt es - jedenfalls in Deutschland - cine ganz sachfremde Tradition, dab der Rechtshistorikcr zugleich Zivilrecht Icsen mub, sclbst wcnn ihm Strafrecht oder öffcntliches Recht näher liegen. Auch die Trennungen in „Römisches Recht“ und „nationalc Rcchtsgeschichtc“ (in den Ländern der Rezcption) sind eigentlich sachtremd; dcnn die historische Realität, also die Lebenswelt der damaligcn Juristen, sab anders aus. Das könnte die Rcchtsgeschichte auch dazu fiihrcn, sich gegeniibcr dem Strafrecht, dem öffentlichen Recht, Völkerrecht usw. mehr zu öffncn. Grobe Gebietc sind noch unerforscht, ctwa (um moderne Beispicle zu nennen) das Recht dcr Industriellcn und Tcchnischen Revolution dcs 19. Jahrhunderts, das Recht der Eisenbahnen und dcr Dampfkessel, der gefährhchen Fabriken, der tcchnischcn Normierung, das Recht dcs Autos oder des Flugzeugs. Die moderne Arbcitswelt, dcr Sozialstaat und die kommunalen Lcistungen sind im 19. jahrhundert entstanden, aber die Rechtsgeschichte informiert uns rccht wenig fiber dicse Vorgänge. „Modernisierung“ ist bier also sowohl in cinemstrukturellen Sinn als auch inhaltlich gemcint.

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