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Paolo Cappellini blofie Fassade bleibenden Proklamationen) des ,modernen‘ Menschen verschwinden könnte, sowohl unter einemreligiösen Blickwinkel, als in Bezug zu seiner juristischen ,Verweltlichung‘. Und es ist auch kein Zufall, dal^ uns, fur beide Perspektiven, die Klarheit von jenemMann zu Hilfe kommen kann, der den gesamten Prozel^ amtiefsten thematisiert hat, G. W. F. Hegel. Seine Charakterisierung der Reformation und der Bedeutung, die die Festellung der Freiheit eines Christenmenschen nach Luther annimmt, erscheint noch immer nicht iiberholt, gerade, und wir möchten eigentlich sagen hauptsächlich, in dem Punkt, der uns am meisten interessiert: Christus wird nicht mehr als einfache geschichtliche Person in Betracht gezogen, sondern der Mensch hat mit ihm eine direkte Beziehung im Geiste. Aber kaum weil5 das Individuum, dal? es von göttlichem Geist erfiillt ist, werden alle Beziehungen mit den Äul?erlichkeiten des Lebens aus genau diesem Grund entfernt, sie verfallen. Es scheint also, dal? die Spannung, der Druck des primären Wertes und der Widerstand des sozialen Holismus fehlen könnten: es gäbe keinerlei Unterschiede mehr zwischen Priestern und Laien, keine Klasse, die den Monopolbesitz des Inhaltes der Wahrheit fur sich beanspruchen könnte, so wie den der geistlichen und weltlichen Schätze der Kirche; es wäre imGegenteil das Herz des einzelnen christlichen Individuums, das in den Besitz der Wahrheit gelangen kann und mul?, und diese Subjektivität ist die, aller Menschen. Jeder mul? und kann in sich selbst Siihne vollziehen. Es wiirde scheinen, als ob endlich die absolute Innerhchkeit der Seele, die der religiösen Dimension in sich angehört, erreicht worden ist und, daraus folgend, als ob die Freiheit nunmehr in der Kirche proklamiert und verwurzelt sei. Die Subjektivität wäre nunmehr in der Lage den objektiven Inhalt des Glaubens anzunehmen, bis zu einem Punkt an dem in der reformierten Anschauung die Subjektivität, die Sicherheit und Uberzeugung des Individuums bis zum gleichen Grad einer zwingenden Objektivität der Wahrheit ansteigen kann, wie ihn zuvor die Kirchendoktrin verkörpert hat. Aber an diesem Punkt schleicht sich vielleicht etwas von der bertihmten ,List der Vernunft' ein; man mul?te eigentlich von der List der Jahrhunderte alten sozialen Totalität sprechen, die unter immer verändertem Gewand wiederkehrt, um die Akzeptierung der Notwendigkeiten, Pflichten, der Unterordnung und Treue ,dieser Welt‘ zu schiitzen (die den Aspekt des souveränen Staates annimmt, der eben ein Laienstaat ist und weiser Verwalter des sozialen Unterbewul?tseins). Tatsächlich ist die Wahrheit nicht mehr etwas schon gegebenes, etwas Subjektexternes (in erster Instanzs), sondern „das Subjekt selbst soil ein wahrhaftes werden, indemes seinen partikulären Inhalt gegen die substantielle Wahrheit aufgibt und sich diese Wahrheit zu eigen macht.“ In der Substanz ist das, was die Modernität anbieten kann, gegeniiber der iuris ordo des alten Cassiodoro und der consonantia seines Netzwerkes von vereinigenden Beziehungen, dort wo man mehr als auf einzeln betrachtete Individualität, auf einen ,Kosmos' von Beziehungen zwischen Individualitäten einwirkt, dort 6

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